HANNOVER (dpa-AFX) - Der Versicherungskonzern Talanx sieht sich dank geringer Schäden im zweiten Quartal auf Kurs zu seinem geplanten Jahresgewinn. Der neue Vorstandschef Torsten Leue zeigte sich am Montag zuversichtlich, dass der Überschuss nach dem Katastrophenjahr 2017 nun wie geplant auf rund 850 Millionen Euro klettert. Die Sanierung des deutschen Privatkundengeschäfts bei der Konzernmarke HDI komme voran. Und die Verluste der desolaten Industrie-Feuerversicherung sollen bald ein Ende haben. Die Türkei-Krise bereitet der Talanx-Führung indes nur wenig Sorgen.

Am Finanzmarkt lösten die Nachrichten nur wenig Bewegung aus. Die Talanx-Aktie lag zuletzt mit 0,31 Prozent im Plus bei 32,22 Euro, gehörte damit aber zu den stärkeren Werten im schwächelnden MDax. Seit Jahresbeginn hat sie damit noch gut 5 Prozent verloren. Ein Experte wertete das operative Quartalsergebnis in einer ersten Reaktion als positive Überraschung.

Denn Talanx konnte den operativen Gewinn (Ebit) im zweiten Quartal um 13 Prozent auf 620 Millionen Euro steigern. Dabei profitierte der Konzern von geringen Schäden bei der Rückversicherungstochter Hannover Rück und der Sanierung des deutschen Privatkundengeschäfts. Eine gestiegene Steuerbelastung ließ den Nettogewinn jedoch um drei Prozent auf 219 Millionen Euro sinken - und damit etwa auf das Niveau, das Analysten im Schnitt erwartet hatten.

Finanzvorstand Immo Querner erklärte den Rückgang mit den Folgen der US-Steuerreform und einer noch ungeklärten Meinungsverschiedenheit mit den Finanzbehörden, die bestimmte Schadenrückstellungen höher besteuern wollten. Ein Jahr zuvor hatte Talanx noch von einer außergewöhnlichen Steuergutschrift profitiert.

Dass der angepeilte Jahresgewinn von 850 Millionen Euro gelingt, machten die Manager auch von der Höhe von erwarteten Belastungen aus dem US-Mortalitätsgeschäft der Hannover Rück abhängig, an der Talanx gut die Hälfte der Anteile hält. Allerdings gingen Analysten zuletzt sogar von knapp 890 Millionen Jahresgewinn aus, und Talanx-Chef Leue versuchte aufgekommene Zweifel an seiner Jahresprognose schnell zu zerstreuen. Im Vorjahr hatte Talanx infolge der verheerenden Wirbelstürme in den USA nur 672 Millionen Euro verdient.

Im zweiten Quartal sorgte bei Talanx einzig die Industrieversicherung für schlechte Nachrichten im laufenden Geschäft. Ihr operativer Gewinn sackte um zwei Drittel auf 27 Millionen Euro zusammen. Vor allem die Industrie-Feuerversicherung in Deutschland bereitet dem Konzern seit langem Sorgen, weil die Prämien dort schon lange nicht mehr ausreichen, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Das ist ein Problem der ganzen Branche.

Talanx-Spartenvorstand Christian Hinsch will die Tarife in diesem Bereich deshalb im Schnitt um 20 Prozent anheben. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote soll dadurch auf deutlich unter 100 Prozent sinken. Im ersten Halbjahr lag sie noch bei 119 Prozent. Folglich musste der Versicherer für Schäden, Verwaltung und Vertrieb 19 Prozent mehr ausgeben, als er an Prämien eingenommen hat. Ein Großteil der Sanierung solle schon 2019 greifen, sagte Leue.

Der Manager hatte die Konzernführung im Mai vom langjährigen Vorstandschef Herbert Haas übernommen, der an die Spitze des Aufsichtsrats wechselte. Dieser hatte bereits den Umbau des Privat- und Firmenkundengeschäfts in Deutschland eingeleitet, das vor allem unter der Hauptmarke HDI läuft. Dazu gehören die Umstellung des vom Zinstief gebeutelten Lebensversicherungsgeschäfts sowie die stärkere Digitalisierung von Verwaltung und Vertrieb.

Die Währungskrise in der Türkei bereitet dem Talanx-Vorstand indes wenig Sorgen - obwohl der Versicherer in dem Land vor allem in der Kfz-Versicherung stark vertreten ist. "Das belastet uns im Konzern wahrscheinlich mit einem einstelligen Millionenbetrag", sagte Finanzchef Querner. So würden importierte Ersatzteile für Autos, die in Türkischer Lira abgerechnet würden, teurer. Der Vorstand sehe dies "aus Konzernperspektive" allerdings gelassen. Möglicherweise könne der Versicherer nach dem Absturz der türkischen Währung in dem Land sogar günstig zukaufen.

Eine starke Entlastung erwartet Querner durch die Neuregelung der Zinszusatzreserve in der deutschen Lebensversicherung. Talanx müsse in diesem Jahr daher wohl 600 bis 700 Millionen Euro weniger für hochverzinste Altverträge zurücklegen als ursprünglich geplant. Nachdem der erreichte Puffer bereits auf 3,3 Milliarden Euro aufgestockt wurde, habe der Versicherer das Notwendige für 2018 bereits erreicht./stw/mne/jha/