FRIEDRICHSHAFEN (dpa-AFX) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Verständnis für Sorgen in der maritimen Wirtschaft angesichts unfairer Wettbewerbspraktiken asiatischer Länder geäußert. Es sei allerdings langwierig, der Konkurrenz indirekte Subventionen nachzuweisen, sagte sie am Mittwoch in Friedrichshafen bei der 11. Nationalen Maritimen Konferenz. Daher sei es gut, wenn die maritime Wirtschaft in Deutschland auch künftig bei Forschung und Technologie eine Runde weiter sei als die Konkurrenz.

"Ich sage ganz klar, dass China aufgefordert ist, für gleiche und faire Bedingungen für unsere Unternehmen in China zu sorgen", fügte die Kanzlerin hinzu. Zugleich rief sie die am Bodensee versammelten rund 800 Politiker, Unternehmens- und Verbandsrepräsentanten, Gewerkschafter, Marinevertreter und Experten auf, den Kampf gegen den Klimawandel weiter zu unterstützen. Um den CO2-Ausstoß im Seeverkehr zu senken, müssten Kraftstoffe auf der Basis erneuerbarer Technologien und alternative Antriebe - darunter die Brennstoffzelle

- entwickelt werden.

Merkel betonte die herausragende Bedeutung der maritimen Wirtschaft für ganz Deutschland. Sie erwirtschafte jährliche Umsätze von mehr als 50 Milliarden Euro und beschäftige alles in allem beinahe eine halbe Million Menschen. Zudem habe Deutschland eine der größten Handelsflotten der Welt. Sie begrüßte, dass die Nationale Maritime Konferenz erstmals in einem Binnenland stattfindet und verwies darauf, dass im Süden Deutschlands weite Teile der maritimen Zulieferindustrie angesiedelt seien.

Insgesamt steuere die Branche spannenden Zeiten entgegen, wobei ihrer Ansicht nach die Chancen größer seien als die Herausforderungen. Die Bundesregierung habe "immer ein offenes Ohr" für die maritime Wirtschaft. Konkrete Zusagen für eine stärkere Förderung machte sie aber nicht.

Wirtschaftsvertreter hatten zuvor unfaire Praktiken insbesondere Chinas kritisiert und eine stärkere Unterstützung der Bundesregierung angemahnt. Die Branche stehe in einem harten globalen Wettbewerb, räumte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann (CDU), zum Auftakt der Beratungen ein. "Wir müssen gemeinsam Strategien erarbeiten, wie wir insbesondere mit der Konkurrenz aus Asien umgehen." Dumping-Löhne und staatliche Subventionen Chinas beim Export von Schiffen nach Europa hätten zu Marktverzerrungen geführt.

Diese Herausforderungen könnten nur gemeistert werden, "wenn wir europäisch denken und mit einer gemeinsamen Sprache sprechen". An der zweitägigen Konferenz nimmt auch Brackmanns französischer Amtskollege Denis Robin teil. Geplant ist unter anderem die Verabschiedung eines europapolitischen Papiers für eine bessere Zusammenarbeit.

Unter anderem wird die Berufung eines EU-Koordinators für die gesamte maritime Wirtschaft in Europa angeregt. "Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit muss die europäische maritime Wirtschaft Herausforderungen wie Automatisierung und Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz sowie Fachkräftebedarf aktiv angehen", heißt es in der EU-Initiative der Konferenz.

Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, verwies auf einige gezielte Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung des maritimen Standorts Deutschlands: "Dafür investieren wir seit Jahren massiv in die Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Unser Ziel ist es, die deutschen Häfen dabei zu unterstützen, sich zu erstklassigen High-Tech-Standorten weiterzuentwickeln."

Der Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Alfred Hartmann, forderte hingegen mehr: Wenn die Bundeskanzlerin sage, die Politik müsse für vernünftige Rahmenbedingungen sorgen, "dann ist dies eine deutliche Aufforderung, die Wettbewerbsfähigkeit des maritimen Standortes nicht nur zu sichern, sondern auszubauen - da hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf"./bur/DP/jha