(neu: Kurskapriolen im Mai eingeordnet und Text teilweise neu gefasst.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Eine optimistische Einschätzung vom Bankhaus Metzler zu Hapag-Lloyd hat die Aktien der Container-Reederei am Dienstag beflügelt. Die ehemaligen SDax-Titel legten in der Spitze um bis zu 11,5 Prozent zu. Zuletzt gewannen sie noch immer 6,7 Prozent auf 63,80 Euro. Die Kursentwicklung in jüngster Vergangenheit verlief turbulent. Von Anfang April bis Mitte Mai hatte sich der Kurs der Aktien, die wegen vieler Großaktionäre kaum noch im Streubesitz zu finden sind, etwa verdreifacht - bis auf fast 187 Euro, ehe der Kurs in ebenso kurzer Zeit auf Kurse von weniger als 60 Euro abstürzte. Die Marke um 60 Euro erwies sich in den letzten Monaten immer wieder als Unterstützung.

Mit Blick auf das operative Geschäft ist die kurzzeitige Kursexplosion Mitte Mai nicht nachvollziehbar. Hauptgrund dürften Übernahmespekulationen infolge einer Anteilsaufstockung durch Großaktionär Klaus-Michael Kühne auf 30 Prozent und damit verbunden ein nochmals geringerer Streubesitz gewesen sein. Neben Kühne halten auch die chilenische Reederei CSAV 30 Prozent sowie die Stadt Hamburg knapp 14 Prozent - der Streubesitz liegt bei wenigen Prozent. Die Aufstockung Kühnes und dessen Forderung nach mehr Einfluss im Unternehmen könnten daher Leerverkäufer, die auf fallende Kurs setzen, unter Zugzwang gebracht haben.

Ähnliche Kursbewegungen sieht man bei Standardwerten äußerst selten - vergleichbar ist zum Beispiel der Anstieg der VW-Stammaktie im Jahr 2008, als Leerverkäufer von einem Übernahmeversuch durch Porsche auf dem falschen Fuß erwischt worden waren. Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen war im Mai mit Blick auf die Kursrally überfragt. "Ich wüsste gerne, was da los ist. Aber ich habe ehrlich gesagt keine Erklärung", hatte Jansen im Mai der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt.

Analyst Christian Cohrs von Warburg Research hatte Mitte Mai nach dem Kursfeuerwerk die Bewertung als jenseits von Gut und Böse liegend bezeichnet. Die Aktie habe sich vom fundamentalen Bild abgekoppelt. Daher dürfte es bei dem Kursanstieg kaum eine Rolle gespielt haben, dass die Reederei trotz der Corona-Krise für das laufende Jahr schwarze Zahlen anpeilt und einen harten Sparkurs ankündigte.

Bei der Berenberg Bank hieß es in einer Studie Ende Mai, möglicherweise gebe es unter den Großaktionären einen Disput. Vielleicht versuchten sie, einer drohenden Verwässerung ihrer Anteile durch eine Übernahme oder Fusion zuvorzukommen, indem sie ihre Anteile so weit wie möglich aufstockten. Den genauen Grund kenne aber niemand.

Metzler-Analyst Guido Hoymann hob nun nach dem jüngsten Kursabsturz sein Votum um zwei Stufen von "Sell" auf "Buy" an, senkte aber das Kursziel von 83 auf 69 Euro. Er betonte die zuletzt sehr positive Entwicklung der Frachtraten und geht davon aus, dass Hapag-Lloyd mit den Zahlen für das zweite Quartal positiv überraschen wird. Erst Anfang May hatte Hoymann die Aktien doppelt abgestuft - vor allem aus Bewertungsgründen, wie es damals hieß./ajx/mis/ajx/bek/zb/fba