FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der Erholungs-Rally der Halbleiteraktien im Januar versuchen sich Anleger am Dienstag neu zu orientieren. Der Boom in der Halbleiterbranche scheint zumindest kurzfristig zu einem Ende zu kommen. Negative Signale aus der Branche hatten die Kurse in den vergangenen Monaten abstürzen lassen. Die derzeitige Erholung ist jedoch fragil - sollte das zweite Halbjahr keine Besserung bringen, könnte es mit den Aktien wieder abwärts gehen.

Trotz gedämpfter Erwartungen von Infineon für das laufende Geschäftsjahr stieg deren Aktienkurs zuletzt um ein Prozent. Im frühen Handel lag er noch mit zwei Prozent im Minus, wechselte danach jedoch mehrfach die Richtung. Die Papiere hatten sich vom jüngsten Tief zu Jahresanfang um fast 20 Prozent erholt. Das Unternehmen rechnet nun im laufenden Quartal mit einem deutlichen Rückgang der Profitabilität im Vergleich zum Vorquartal. Auch für das bis Ende September laufende Geschäftsjahr wurde das Management etwas vorsichtiger, geht aber weiterhin von einem starken Wachstum aus und will sich besser entwickeln als die Branche. Für die im Fokus stehenden schwächelnden Abnehmerbranchen Automobilbau und Smartphone ist jedoch zunächst kaum Besserung in Sicht.

Die Abschwächung der Nachfrage aus der Industrie "nagt an Infineon", wie Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan sagte. Mit vorsichtigeren Aussagen zum weiteren Jahresverlauf habe man rechnen müssen. Stark zurückgegangen sei das Verhältnis von Aufträgen zu Umsatz, eine wichtige Kennziffer in der Chip-Branche, vor allem im Geschäft mit Halbleitern für das Energie-Management. Die Aktie habe bereits vor den Zahlen eine Rally hingelegt und reagiere nun entsprechend verhalten auf die Zahlen und Prognosen.

Etliche Halbleiterwerte waren in der zweiten Jahreshälfte 2018 an der Börse stark unter Druck geraten. Die Einbußen von Infineon, STMicroelectronics und des niederländischen Ausrüsters ASML in dieser Phase reichten von rund 25 bis zu fast 50 Prozent. Angesichts einer schwächeren Nachfrage aus der Automobilbranche, von Smartphone-Herstellern und aus der Industrie insgesamt waren die Aktien bei Investoren nicht mehr angesagt gewesen.

In den vergangenen Wochen hatten sich jedoch Branchengrößen wie ASML, die südkoreanische Hynix und die taiwanesische TSMC, drittgrößter Chip-Produzent weltweit, mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf wieder optimistischer gezeigt. Das hatte eine branchenweite Erholungs-Rally ausgelöst.

"Wir blicken nach wie vor auf Hinweise auf das zweite Halbjahr", sagte der Experte eines großen Investmenthauses. Den jüngsten Optimismus von Top-Managern aus der Branche könne er nicht teilen. Es habe vielmehr den Anschein, als wollten diese die hohen Produktionskapazitäten aufrecht erhalten - und somit die Lagerbestände weiter aufstocken. Belegschaft und Kunden sollten keine schlechten Nachrichten zu hören bekommen.

Möglicherweise behielten die Unternehmensführer mit ihrer optimistischen Position am Ende sogar Recht. "Sollte jedoch das zweite Quartal nicht auf eine Erholung hindeuten, dann könnten die Kurse die jüngsten Gewinne wieder abgeben", sagte der Branchenkenner. Infineon geht etwa trotz der Automobilschwäche dennoch von einem starken Wachstum in dem Bereich aus - die Stärke bei Fahrerassistenzsystemen und Elektromobilität soll das schwächer laufende Geschäft mit klassischen Komponenten ausgleichen.

An der Züricher Börse stürzten derweil die Papiere des iPhone-Zulieferers AMS ab, nachdem dieser die Dividende gestrichen hatte. Zwischenzeitlich hatten sie fast 17 Prozent eingebüßt, zuletzt waren es noch knapp 12 Prozent. Analyst Achal Sultania von der Credit Suisse wies auf einen hohen Schuldenstand hin, für dessen Abbau das Unternehmen möglicherweise nicht ausreichend Barmittel erwirtschafte./bek/nas/fba