NEUBIBERG (awp international) - Der Chiphersteller Infineon hat trotz der Auswirkungen der Corona-Krise und der Schwäche der Automärkte im abgelaufenen Quartal besser abgeschnitten als erwartet. Zudem wird das Management bei seinem Ausblick nun etwas optimistischer. Das Geschäftsmodell habe sich als robust erwiesen und werde durch die Cypress-Integration gestärkt, sagte Konzernchef Reinhard Ploss am Dienstag bei der Zahlenvorlage. Der Chiphersteller habe die schwierige Situation durch die Corona-Krise bislang gut bewältigt.

Während der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent auf 2,17 Milliarden Euro zulegte, sackte das operative Ergebnis (Segmentergebnis) um fast ein Drittel auf 220 Millionen Euro ab, wie der Dax-Konzern in Neubiberg bei München mitteilte. Allerdings übertraf Infineon bei beiden Werten klar die durchschnittlichen Schätzungen von Analysten. Unter dem Strich stand dennoch ein Fehlbetrag von 128 Millionen Euro zu Buche nach einem Gewinn von 224 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

Am Kapitalmarkt kamen die Nachrichten gut an. Die Infineon-Aktie legte am Morgen zeitweise um fast sechs Prozent zu. Zuletzt war sie mit einem Plus von 4,17 Prozent zweitstärkster Wert im Dax. Seit Jahresbeginn haben die Aktien trotz der Corona-Krise und der Marktturbulenzen rund elf Prozent gewonnen. In den zurückliegenden fünf Jahren hat sich der Kurs sogar mehr als verdoppelt.

Für das laufende Geschäftsjahr 2019/2020 (Ende September) erwartet die Infineon-Spitze jetzt einen Umsatz von rund 8,5 Milliarden Euro sowie eine operative Marge (Segmentergebnis-Marge) von etwa 13 Prozent. Bislang hatten die Neubiberger für das kombinierte Unternehmen einschliesslich des US-Halbleiterspezialisten Cypress Semiconductor mit Erlösen von rund 8,4 Milliarden Euro und einer operativen Marge von zirka 12 Prozent gerechnet.

Dennoch sieht Ploss weiterhin "erhebliche Auswirkungen" der Pandemie auf Infineons Zielmärkte. Dadurch werde Nachfrage in vielen Bereichen geschwächt. Allerdings sieht Ploss im besonders hart von der Krise getroffenen Automarkt Anzeichen einer Erholung. Der Manager zeigte sich überzeugt, dass Infineon von der zunehmenden Digitalisierung profitiert. Als Beispiele nannte Ploss den steigenden Datenverkehr, das Internet der Dinge und die mobile Kommunikation.

Aktienhändler lobten in einer ersten Reaktion ein "sehr solides" Quartalsergebnis und einen besseren Ausblick. Ein weiterer Marktexperte sprach von ermutigenden Zeichen. So habe das Management betont, dass es konkrete Anzeichen einer Erholung im Autogeschäft gebe. Analyst Harald Schnitzler von der DZ Bank sah bereits positive Auswirkungen der Cypress-Übernahme auf das Ergebnis im dritten Quartal. Offenbar sei das Schlimmste für Infineon vorbei.

Für das laufende vierte Quartal rechnet Infineon mit einem Umsatz zwischen 2,3 und 2,6 Milliarden Euro. Zu dem erwarteten Anstieg im Vergleich zum Vorquartal trage die erstmalige Einbeziehung von Cypress für ein komplettes Quartal bei, hiess es. Wenn man die Mitte der Umsatzspanne zugrundelegt, soll die Segmentergebnis-Marge etwa 14 Prozent erreichen. Ploss zeigte sich mit Blick auf das Schlussquartal "vorsichtig optimistisch". Allerdings hänge die Geschäftsentwicklung wesentlich vom weiteren Verlauf der Pandemie, geopolitischen Faktoren sowie der Wirkung der aufgelegten Konjunkturpakete ab.

Der US-Konzern Cypress Semiconductor geht seit Vollzug der Übernahme am 16. April voll in die Infineon-Geschäftszahlen ein. Die Geschäftsbereiche der Kalifornier wurden auf verschiedene Segmente Infineons aufgeteilt. Infineon hatte den 9 Milliarden Euro schweren Kauf im Frühjahr nach einer monatelangen Hängepartie abgeschlossen. Es war die grösste Übernahme der Firma.

Trotz der erstmaligen Konsolidierung des Cypress-Geschäfts ging der Umsatz im besonders wichtigen Automotive-Geschäft (ATV) sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch zum Vorquartal zurück. Dagegen konnte Infineon in der zweitgrössten Sparte PSS (Power & Sensor Systems) klar zulegen. In der PSS-Sparte ist unter anderem das Geschäft mit Chips für die Stromversorgung sowie für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets gebündelt. Auch im Industriegeschäft (IPC) und im Geschäft mit Sicherheitslösungen (CSS) verzeichnete der Konzern im Jahres- und Quartalsvergleich Zuwächse, die in der CSS-Sparte besonders stark ausfielen./eas/stw/jha/