KASSEL (dpa-AFX) - Beim Dünger- und Salzkonzerns K+S läuft es alles andere als rund. Zwar hat das Unternehmen seine produktionstechnischen Probleme aus dem vorherigen Jahr weitgehend in den Griff bekommen - doch schwächelt ausgerechnet jetzt die Nachfrage. Für K+S kommt die Flaute zur Unzeit. Aktionäre, für die dicke Erträge schon lange ein Wunschtraum sind, müssen sich weiter gedulden. Der Kurs kennt seit einiger Zeit nur eine Richtung: nach unten. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI K+S:

Endlich läuft es wieder rund - so dürften die Investoren nach dem ersten Halbjahr gedacht haben. Höhere Düngerpreise und ein gestiegener Absatz lieferten den Kasselern zunächst Rückenwind. Doch wie so oft in den vergangenen Jahren ließ die Ernüchterung nicht lange auf sich warten. Schon im September kündigte das im Index der mittelgroßen Werte MDax gelistete Unternehmen an, wegen einer sich abschwächenden Nachfrage die Kaliproduktion zu senken. Um bis zu 80 Millionen Euro könnte der Schritt das operative Ergebnis (Ebitda) schmälern, hieß es. Damit wäre selbst das untere Ende der Jahresprognose 2019 von Konzernchef Burkhard Lohr in Gefahr. Der peilte im August noch einen im Vergleich zu 2018 deutlichen Ebitda-Sprung auf 730 bis 830 Millionen Euro an.

Die Schwierigkeiten bei K+S setzen sich damit fort. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Kasseler mit massiven Problemen zu kämpfen, die jedoch nicht einer mangelnden Nachfrage geschuldet waren: So fehlten im hessisch-thüringischen Kalirevier 2018 Fachkräfte und Maschinen - Engstellen, bei denen K+S gegensteuerte. Zudem musste die Produktion entlang der Werra wegen Niedrigwassers immer wieder gestoppt werden, da nicht ausreichend Produktionsabwässer eingeleitet werden konnten. Hier sah es in diesem Jahr bislang deutlich besser aus.

K+S hat mittlerweile mehr Spielraum: Dank eines Zwischenspeichers für Salzabwässer in 700 Metern Tiefe in einem ehemaligen Abbaubereich ist der Kasseler Kali- und Salzproduzent mittlerweile besser gegen Produktionsausfälle durch Trockenheit gerüstet. Eines der größten Probleme der vergangenen Jahre ist damit zumindest abgefedert.

Und auch im neuen Werk in Kanada lief es in den vergangenen Monaten endlich besser, nachdem Anlaufschwierigkeiten der Milliardeninvestition K+S zuvor größere Probleme bereitet hatten. So verklumpte der Dünger beim Transport nach Übersee teilweise und musste dann für viel Geld wieder zermahlen oder mit Rabatt verkauft werden. Hier wurde zuletzt weitere Technik nachgerüstet, um die Produktqualität zu verbessern.

Angesichts dieser operativen Fortschritte kommt die Eintrübung des Kalimarktes zu einer Unzeit. So wollte K+S nach Jahren der Investitionen - vor allem in Kanada - 2019 endlich wieder einen freien Barmittelzufluss (Free Cashflow) erzielen, der 2020 eigentlich weiter steigen sollte. Gerade die Entwicklung des sogenannten Free Cashflow hatte die Sorgen vieler Investoren mit Blick auf die hohe Verschuldung es Konzerns im August bei der Vorlage der Halbjahreszahlen noch gemildert.

Vor diesem Hintergrund dürfte nun einiges am Salzgeschäft hängen. Das lief im zweiten Quartal etwa bei Salzen für Verbraucher zum Würzen und Kochen oder Geschirrspülsalz zwar besser, der Gewinn im Geschäft mit Salzen für die Chemiebranche und die Lebensmittelindustrie litt allerdings unter abermals hohen Frachtkosten. Und das Geschäft mit Auftausalz läuft in den Sommermonaten in der Regel ohnehin mager.

Konzernchef Lohr hatte K+S im Herbst 2017 eine neue Strategie verordnet, die auf den zwei Geschäftsfeldern Kali und Salz fußt - viele Investoren hatten damals auf eine Trennung vom Salzgeschäft gehofft. Geplant ist, das operative Ergebnis bis 2030 auf 3 Milliarden Euro zu steigen. Neben einem Geschäftsausbau sollen dazu auch Kosteneinsparungen beitragen. K+S streicht Stellen in der Verwaltung und arbeitet an effizienteren Produktionsabläufen, um die Sparziele zu erreichen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Aktien stehen, abgesehen von wenigen Erholungsphasen, seit mehr als einem Jahrzehnt unter Druck. Im Jahr 2008 - kurz vor der globalen Finanzkrise - hatten die Papiere 97,35 Euro gekostet. Im Oktober 2019 waren es phasenweise weniger als 12 Euro und damit ein Tief seit dem Jahr 2005. Das Minus in diesem Zeitraum: fast 88 Prozent. Zuletzt kosteten die Aktien rund 12,80 Euro.

Auf den Kurseinbruch im Sog der Weltfinanzkrise 2008 bis 2009 folgte eine Erholung bis ins Jahr 2011 hinein. Anschließend purzelte der Aktienkurs wieder. 2015 trieb das Interesse des kanadischen Wettbewerbers Potash den Kurs nochmal bis auf rund 40 Euro. Allerdings gab Potash - das mittlerweile mit Agrium zu Nutrien fusionierte - die Pläne wegen des Widerstands des Managements von K+S sowie einer Eintrübung des Kali-Marktumfeldes auf. Seither geht es für den K+S-Kurs beständig abwärts: etwa 70 Prozent haben die Papiere seither verloren.

Für 2019 steht bislang ein Minus von rund 18 Prozent auf dem Kurszettel. Das bedeutet einen der letzten Plätze im MDax, der im gleichen Zeitraum um rund ein Fünftel zulegte. An der Börse bringt es K+S damit noch auf einen Wert von rund 2,45 Milliarden Euro, womit es das Unternehmen bei der Marktkapitalisierung nur unter die letzten zehn im Index der mittelgroßen Werte schafft.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die meisten der zwölf im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten sehen nach dem nochmals verschärften Kursrutsch der vergangenen Wochen Luft nach oben für die Papiere. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 15,58 Euro. Dabei sprechen vier Experten einen Kaufempfehlung aus, sechs sagen "Halten" und zwei raten, sich von den Papieren zu trennen.

Größere Kursrisiken sieht indes nur Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan, der ein Kursziel von 11 Euro errechnet und die Aktien daher mit "Underweight" einstuft. Schwächere Kalipreise vor allem 2020 dürften für weiteren Gegenwind für die Gewinne sorgen, erklärte der Experte im September nach der Ankündigung der Produktionskürzungen durch K+S. Daher sei es noch zu früh, von einer Bodenbildung beim Aktienkurs auszugehen. Patrick Rafaisz von der Schweizer Bank UBS ist ebenfalls zurückhaltend und verweist mit Blick auf die gesamte Branche und deren Kunden auf volle Kalilager in vielen Regionen, während die Nachfrage nun schwächle.

Einige Analysten können den jüngsten Kapazitätseinschränkungen von Kaliproduzenten - so hatte Nutrien schon die Stilllegung von Minen angekündigt - indes auch Positives abgewinnen. So sieht Jonas Oxgaard von Bernstein Research darin ein Zeichen von Disziplin auf der Angebotsseite, die langfristig zu höheren Verkaufspreisen führen dürfte.

So sehen es auch die Analysten der DZ Bank: Die Produzenten schienen mehr an stabil hohen Kalipreisen als an kurzfristigen Marktanteilsgewinnen interessiert, was insbesondere für K+S von hoher Bedeutung sei. Gerade vor den jährlichen Preisverhandlungen seien die Kürzungen der Produktion durch die Unternehmen wohl auch ein Signal der Branche an die Großkunden China und Indien.

So sollte gerade K+S vom zuletzt deutlich reduzierten Branchensabsatz profitieren, erklärt Analyst Christian Faitz vom Investmenthaus Kepler Cheuvreux. Die Maßnahmen schienen zudem endlich zu wirken: In einigen Regionen wie Brasilien hätten die Kalipreise jüngst wieder zugelegt. Faitz ist denn auch der optimistischste der zwölf erfassten Experten. Mit einem Kursziel von 20 Euro sieht er für die Aktien mittelfristig rund zwei Drittel Luft nach oben./mis/nas/fba