FRANKFURT (dpa-AFX) - An den Aktienmärkten weltweit wird abverkauft. Tech-Werte führen den Verfall an, so verzeichnete die New Yorker Branchenbörse Nasdaq mit minus 4,4 Prozent am Mittwoch ihren schlechtesten Tag im laufenden Jahr. Manch ein Beobachter sagt jetzt eine so genannte Sektorrotation voraus - einen Wechsel der Anleger von Wachstumswerten in günstig bewertete Titel.

DIE LAGE AM MARKT:

2018 war bislang ein starkes Jahr für Growth-Aktien, also Anteile an Firmen, denen Beobachter einen besonders hohen Umsatzanstieg zutrauen. Solche Unternehmen werden, gemessen am Gewinn des laufenden oder kommenden Jahres, hoch bewertet - und in diesem Jahr kletterten die Bewertungskennziffern besonders rasant. Sektoren, deren Firmen stark wachsen, hatten Konjunktur, so etwa Technologie, Gesundheit und Luxusgüter.

Doch in den letzten Tagen mündete die Erfolgsserie im Abverkauf. Manch ein Beobachter glaubt, dass das kein kurzfristiges Zucken war, sondern ein Vorbote für eine dauerhafte Bewegung: Aktien, die gemessen an ihren erwarteten Barmittelzuflüssen günstig sind, kommen wieder in Mode, so die These. Das sind häufig Finanzkonzerne, Energieversorger und Telekommunikationsdienstleister.

Über Jahrzehnte hinweg hat dieses so genannte Value-Investieren die besten Renditen abgeworfen - nur in den vergangenen Jahren wurde es vom Growth-Investing in den Schatten gestellt. Das wirft die Frage auf, ob ein dauerhafter Paradigmenwechsel vorliegt, oder eine kurzfristige Mode.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die Analysten der britischen Bank Barclays glauben, dass es mit den Value-Aktien jetzt wieder aufwärts geht. Das Abschneiden von Value-Werten gegen Growth-Werte sei historisch parallel zu den Anleiherenditen gelaufen, heißt es in einer Studie. Denn erstens sprechen steigende Leitzinsen für eine starke Wirtschaft, und die könnte die unterbewerteten Value-Aktien zurück zu normalen Preisniveaus treiben. Zweitens machen höhere Kosten für Fremdkapital den Growth-Unternehmen, die sich besonders stark auf Kredite stützen, das Wachsen schwer.

Weil die Leitzinsen weltweit und in Europa weiter steigen dürften, komme von dieser Seite Anschub für den Value-Sektor. Growth-Aktien dagegen liefen im Großen und Ganzen entgegengesetzt zu den Zinssätzen, was den Barclays-Experten zufolge ein schlechtes Licht auf ihre zukünftige Entwicklung wirft.

Neben den Leitzinsen verweisen die Barclays-Analysten auf einen zweiten Grund für den von ihnen prognostizierten Trend: Viele Wachstumssektoren seien schlicht zu hoch bewertet. So seien Aktien aus dem Gesundheitssektor nach dem Anstieg im laufenden Jahr nicht mehr billig, wenn man das historische Kurs-Gewinn-Verhältnis betrachtet. Banken dagegen als klassische Value-Werte seien am unteren Rand der Spanne, in der sie historisch verortet werden.

Auch die Analysten von Morgan Stanley sehen eine Renaissance des Value-Investierens voraus. So sei die Anlageklasse im Vergleich zum Wachstumssektor weltweit so günstig wie zuletzt um die Jahrtausendwende, bevor die Tech-Blase geplatzt ist. Wie die Barclays-Bank empfiehlt Morgan Stanley etwa Finanzkonzerne und Energieversorger. Für besonders überbewertete Wachstumswerte halten die Experten Luxusgüteranbieter wie LVMH und Kering.

DAS MACHEN DIE GROWTH- UND VALUE-INDIZES:

Um das Abschneiden von Wachstums- und Value-Aktien als Anlageklasse zu messen, ziehen Beobachter am liebsten die beiden Indizes "MSCI World Growth" und "MSCI World Value" heran. Der MSCI Growth legte von Januar bis Ende September beachtliche 10,6 Prozent zu. Doch der Kursrutsch seit Anfang Oktober machte die Jahresgewinne fast vollständig zunichte.

Der MSCI World Value hat inmitten des Börsenbebens seit Anfang Oktober nur um drei Prozent abgegeben, allerdings hatte er zuvor im laufenden Jahr auch weniger dazugewonnen. Unterm Strich notiert der Index derzeit leicht unter seinem Stand vom Jahresanfang./fba/la/men