PARIS (dpa-AFX) - Der Luxusgüterkonzern Kering wächst trotz Handelsstreit und Protesten in Hongkong. Die Marken des französischen Modekonzerns sind beliebt, die Umsätze entwickelten sich zuletzt besser als erwartet. Der Wert der Aktien hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht, womit die Aktie bei Analysten hoch im Kurs steht. Auch mögliche Übernahmen sorgen für Phantasie. Ist der Konzern tatsächlich immun gegen die wirtschaftliche Unsicherheit? Was Experten sagen, was die Aktie bewegt und was sonst noch bei dem Unternehmen los ist:

WAS BEI KERING LOS IST:

Während die Weltkonjunktur unter den Folgen des Handelskonflikts zwischen den USA und China leidet, halten sich die Schmerzen bei den Luxusgüterherstellern bislang in Grenzen. Die verhängten Zölle im Zuge des Handelsstreits trübten zwar die Konjunktur ein. Aufseiten von Kering legten die Umsätze aber zuletzt trotz nachlassender Dynamik weiter deutlich auf rund 4 Milliarden Euro zu. Damit hatten Experten nicht gerechnet.

Dabei wuchs Kering besonders in China und anderen asiatischen Ländern. Die Proteste in Hongkong belasteten zwar die Umsätze mit der wichtigsten Marke Gucci, wie es hieß. Dies sei aber zum großen Teil durch andere Märkte aufgefangen worden. Dabei schöpfte Kering das volle Potential seiner Marken noch gar nicht aus: Yves Saint Laurent, die zweitgrößte Marke des Konzerns, profitierte etwa durch die bislang eher geringe Präsenz in China langsamer von der starken Kaufkraft in dem Land. Neue Filialen der Marke sollen Abhilfe schaffen.

Neben den zwei genannten Marken zählen beispielsweise auch Bottega Veneta, Balenciaga und Alexander McQueen zum Konzern. Dabei gehört Gucci laut einem Ranking des Analyseportals Lyst nach wie vor zu den beliebtesten Modemarken weltweit. Balenciaga zog jedoch im dritten Quartal an der italienischen Traditionsmarke vorbei.

Kering setzt in Sachen Wachstumschancen auch weiter auf den Ausbau seiner Online-Shops. Hier wächst der Konzern besonders stark: Im Jahr 2018 waren die Umsätze im E-Commerce-Geschäft um gut 70 Prozent gestiegen, für die Marke Alexander McQueen war es im vergangenen Jahr das umsatzstärkste Geschäft. Im dritten Quartal wuchs der konzernweite Onlinehandel im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 20 Prozent zudem erneut deutlich.

Zuletzt lenkte eine Meldung zu einer möglichen Übernahme von Moncler die Aufmerksamkeit auf den Konzern. Kering und der italienische Edelbekleider befinden sich in ersten, vorläufigen Gesprächen, wie Bloomberg berichtete. Konkurrent LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) hatte seinerseits Ende November ein Übernahmeangebot für den Juwelier Tiffany vorgelegt. Auch wenn der Zukauf von Kering noch nicht abgeschlossen ist: Das Wettrennen um Übernahmen der beiden französischen Großkonzerne Kering und LVMH trieb die Entwicklung des Luxussektors in den letzten Jahrzehnten an.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Die Kering-Aktie steht bei der Mehrzahl der 14 im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten hoch im Kurs. Zehn Analysten raten zum Kauf, vier Analysten zum Halten. Das durchschnittliche Kursziel der im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gelisteten Anteilsscheine liegt bei fast 560 Euro.

Das überraschend gute Umsatzwachstum des Konzerns im vergangenen Quartal sorgte für überwiegend positive Kommentare. Analyst Lars Lusebrink von Independent Research hob die positive Entwicklung der Marke Bottega Veneta hervor. Auch wenn Gucci erneut Umsatztreiber sei, könne die Marke mit einer signifikanten Erholung der Wachstumsdynamik überzeugen.

Analystin Louise Singlehurst von Goldman Sachs betonte neben der guten Entwicklung von Gucci auch das große Potenzial der Online-Shops. Der Grund: Bei mittlerweile 60 Prozent der Kunden handelt es sich laut ihr um online-affine Millenials. Außerdem schloss sie sich zuletzt bezüglich der Spekulationen um eine Übernahme von Moncler der Mehrheitsmeinung der Analysten an: Aus ihrer Sicht sei ein möglicher Kauf nicht überraschend und strategisch sinnvoll.

WAS DIE AKTIE MACHT:

Die Entwicklung der Kering-Aktie in den zurückliegenden fünf Jahren kann sich sehen lassen. Während sie Ende 2014 noch rund 150 Euro kostete, notierte das Papier Ende November 2019 bei über 550 Euro. Damit wurde ein langjähriger Höchststand erreicht. Zuletzt wurde die Aktie zu gut 540 Euro gehandelt.

In den vergangenen Monaten hatte der Zollstreit zwischen den USA und China allerdings auch wiederholt seine Spuren bei den Luxusgüterwerten hinterlassen. Bereits in der Jahresmitte litt die Kering-Aktie unter den Unsicherheiten, zusätzlich gab es im zweiten Quartal negative Impulse durch ein geringer als erwartetes Umsatzplus der Marke Gucci. Nachdem das Wachstum von Kering im dritten Quartal die Erwartungen aber wieder deutlich übertroffen hatte, zogen auch die Papiere wieder an.

Seit Jahresbeginn hat die Aktie insgesamt gut ein Drittel an Wert gewonnen, womit sie relativ weit vorne im Eurostoxx 50 rangiert. An den großen Konkurrenten LVMH kommt sie aber nicht heran: Der liegt mit einem Zuwachs von mehr als 50 Prozent auf dem zweiten Platz im Index./hoshs/kro/jha/

--- Von Helena Schauer, dpa-AFX ---