Zürich (awp) - Nachfolgend eine Auswahl von Artikeln zu wirtschaftsrelevanten Themen aus der Presse vom Wochenende:

RAIFFEISEN: Wichtigstes Thema der Wochenendpresse ist aus wirtschaftlicher Sicht verständlicherweise "Raiffeisen". Nachdem der frühere CEO Pierin Vincenz am Freitag definitiv in U-Haft genommen wurde, konzentriert sich das Interesse jetzt mehr auf den aktuellen Konzernchef Patrik Gisel. Er soll schon länger von mutmasslichen verdeckten Mauscheleien seines Vorgängers gewusst und nicht interveniert haben. Erste Hinweise hätte ein Rechtsgutachten bereits 2009 geliefert, berichten "SonntagsZeitung", "Zentralschweiz am Sonntag" und "Ostschweiz am Sonntag". Damals sei Aktienrechtler Peter Forstmoser zum Schluss gekommen, dass Vincenz beim Millionen-Kauf der Zahlterminal-Firma Commtrain zwar nicht das Gesetz gebrochen habe, aber auf beiden Seiten des Verhandlungstisches gesessen sei. Weiter habe der Finanzblog "Inside Paradeplatz" im Sommer 2016 Vincenz' verdeckte Zahlungen enthüllt. Gisel hatte am Freitag an der Raiffeisen-Bilanzmedienkonferenz gesagt, erst das Strafverfahren gegen Vincenz und vier weitere Personen Ende letzten Jahres habe für Raiffeisen "völlig neue Informationen" ergeben. (u.a. SonntagsZeitung p. 33/34)

Raiffeisen-Präsident Johannes Rüegg-Stürm nahm in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" sich und den Rest des gegenwärtigen Management mit CEO Patrik Gisel in Schutz. Die möglichen illegalen Machenschaften seien für dieses nicht erkennbar gewesen. "Wenn Sie falsche Angaben erhalten oder Ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden, können Sie sich kein korrektes Bild verschaffen", sagte Rüegg-Stürm. Die Einsetzung von Vincenz' Ehefrau als Leiterin der Rechtsabteilung der Bank sei allerdings eine "unglückliche Konstellation" gewesen. "Mit dem Wissen von heute würde ich dies selbstverständlich anders handhaben." Rüegg-Stürm will im Juni zwei weitere Jahre als Präsident antreten.

Experten kritisieren die Aufsicht rund um die drittgrösste Bank der Schweiz, namentlich die Finanzmarktaufsicht (Finma) und den Verwaltungsrat von Raiffeisen. Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht, spricht gegenüber dem "SonntagsBlick" und der "NZZ am Sonntag" beim Verwaltungsrat von einem "Gremium wohlmeinender Amateure" mit "nicht wirklich Grossbanken-Kompetenz". "Wie hätten diese Leute den [früheren] CEO stoppen sollen?" (siehe auch separaten Text, NZZaS p. 25-27)

LAFARGEHOLCIM: Der neue LafargeHolcim-Chef will die Doppelzentralen in der Schweiz und Frankreich überprüfen. Aus fusionspolitischen Gründen hielt der Zementkonzern bisher an den Unternehmenszentralen in beiden Ländern fest. Die bisher angekündigten Massnahmen reichten nicht, um ab 2019 das jährliche Sparziel von 400 Mio CHF zu erzielen, sagte LafargeHolcim-Chef Jan Jenisch in einem Interview mit der "NZZamSonntag." Das bisherige sei erst der erste Auftakt einer Überprüfung gewesen. Auf die Frage, ob auch der Doppelsitz unter die Lupe genommen werde, sagte Jenisch: "Ja, wir schauen alles genau an." Es seien aber noch keine Entscheidungen getroffen worden. Weiter bezeichnete Jenisch die massive Wertberichtigung von 3,8 Mrd CHF als notwendig. Auslöser sei eine umfassende Risikoeinschätzung für einzelne Länder gewesen. "In einigen Märkten wie Algerien oder Brasilien stimmten diese Werte der Aktiven nicht mehr mit der Realität überein." Gegenüber der "Finanz und Wirtschaft" sagte Jenisch ausserdem, dass der Konzern Ländergesellschaften im Gegenwert von mindestens 2 Mrd CHF verkaufen möchte. "Das wird Länder betreffen, in denen unsere Position nicht ausreicht, um in den nächsten Jahren etwas bewegen zu können." Bezüglich Akquisitionen meinte er zudem, dass man nur wertgenerierende Entscheide treffen werde. "Beim Kaufen dürfen die Augen nicht grösser sein als die Finanzrechnung...", so Jenisch. (siehe auch separate Meldung; NZZaS p. 31, FuW p. 9)

SRG: Auch nach dem Scheitern der "No Billag"-Initiative bleibt die SRG politischer Zankapfel. Politiker aus mehreren Parteien haben Vorstösse parat, die von einem markanten Sparprogramm über eine Sicherung bis hin zu einem Umbau etwa für eine Gratisnutzung der SRG-Inhalte unterschiedliche Massnahmen fordern. Ständerat Beat Vonlanthen (CVP/FR) reicht laut "SonntagsZeitung" eine Motion ein, mit der er ein Werbeverbot ab 19.30 Uhr und für Onlinewerbung sowie eine Obergrenze für Werbeeinnahmen und den Ausstieg der SRG aus der Werbeallianz Admeira mit Swisscom und Ringier fordert. Er will auch mehr Gebühren für Private. Die BDP plant laut der Zeitung einen Vorstoss, um die Radio und TV-Gebühren von 365 auf 320 CHF zu senken. Einen anderen Ansatz verfolgen laut "SonntagsBlick" der ehemalige Watson-Journalist Hansi Voigt, der Bündner SP-Grossrat Jon Pult und Unternehmer Moritz Zumbühl. Sie wollen per Initiative einen neuen Verfassungsartikel schaffen, der dem allgemeinen Recht auf Information und der Online-Präsenz der SRG Rechnung tragen soll. Das Trio verlangt, dass die SRG ihre "Technologie und die selbst produzierten Inhalte unentgeltlich zur Verfügung" stellt. Auch Nationalrat Fathi Derder (FDP/VD) will laut "Le Matin Dimanche" die SRG mit einer Motion zu einem umfassenden Service-Public-Unternehmen machen. (SonntagsZeitung p. 5, SonntagsBlick, Le Matin Dimanche)

BWO: Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) steht vor dem Aus. Wie Recherchen der "SonntagsZeitung" zeigen, will Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann die Behörde in der heutigen Form abschaffen. Ein Teil der Aufgaben soll der Bund nicht mehr weiterführen. Den Rest soll das Generalsekretariat des Departements übernehmen. Der Bundesrat soll am 16. Mai über den Schritt befinden. Der Direktor des Bundesamtes hat die rund 50 Mitarbeiter über die Pläne des übergeordneten Departements orientiert. Der Schweizerische Mieterverband läuft laut der Zeitung Sturm gegen das Ansinnen und will aktiv werden. Mit der Auflösung des Amtes werde die Wohnpolitik des Bundes noch weiter geschwächt, sagte Verbandssekretär Michael Töngi der Zeitung. (SonntagsZeitung p. 7)

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