LONDON (dpa-AFX) - Das Brexit-Chaos und eine Preisschlacht bei den Sommerreisen setzen den Touristikkonzern Thomas Cook heftig unter Druck. Das laufende Geschäft bringe 2019 wohl noch weniger Gewinn ein als im vergangenen Jahr, räumte Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser am Donnerstag in London ein. Im Winter musste der Konzern mit Marken wie Neckermann Reisen sogar einen Milliardenverlust verkraften. Fankhauser kann sich nun freuen, dass ihm die Lufthansa und andere Interessenten die Fluggesellschaften wie die deutsche Condor abkaufen wollen. Denn Thomas Cook braucht das Geld dringend.

Am Finanzmarkt wurden die Nachrichten negativ aufgenommen. Der Kurs der Thomas-Cook-Aktie sackte am Morgen um fast ein Viertel in den Keller. Zuletzt lag sie noch mit 17,22 Prozent im Minus bei 19,03 britischen Pence. Seit Mai 2018 hat das Papier fast 90 Prozent verloren. An der Börse ist Thomas Cook umgerechnet gerade noch rund 340 Millionen Euro wert. Sein größter Rivale Tui, dessen Aktie seither ebenfalls heftig gebeutelt wurde, kommt auf rund 5,5 Milliarden Euro.

Thomas-Cook-Chef Fankhauser bereitete Kunden und Aktionäre auf eine Rabattschlacht vor. "Für die Kunden gibt es diesmal großartige Deals, für sie wird der Sommer zum Paradies", sagte der Manager. Doch was den Urlaubern schmecken dürfte, ist für das Unternehmen und seine Anteilseigner gar nicht gut. Hatte das Management bisher gehofft, den operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) im Sommerhalbjahr zumindest stabil zu halten, so ist es damit nun vorbei.

Wie viel schlechter das Ergebnis 2019 ausfällt, wagte Fankhauser am Donnerstag nicht vorauszusagen. Doch schon im Sommer 2018 hatte eine Preisschlacht bei Last-Minute-Reisen dem Unternehmen seine Gewinnpläne verhagelt. Diesmal dürften zusätzlich höhere Kosten für Hotels und Kerosin aufs Ergebnis drücken, schätzt der Manager.

Unterdessen scheint die Hängepartie um den EU-Austritt Großbritanniens viele Briten von der Urlaubsplanung abzuhalten. Es gebe wenig Zweifel daran, dass viele Menschen in dem Land ihre Reisebuchungen vorerst auf Eis gelegt hätten, sagte Fankhauser. Aber auch in allen anderen Märkten, in denen Thomas Cook Reisen verkauft, seien das Buchungsverhalten der Kunden unsicher. Nach der langen Hitzewelle im vergangenen Sommer hätten im Winter weniger Menschen Reisen ins Warme gebucht.

Die schwierige Lage vor allem in Großbritannien trieb das Management nun auch zu einem teuren Einschnitt in der Bilanz. Wegen der trüben Geschäftsaussichten in Großbritannien strich der Konzern den Wert mehrerer britischer Veranstaltermarken um mehr als eine Milliarde Pfund zusammen.

Für das Winterhalbjahr bis Ende März stand bei Thomas Cook daher ein Nettoverlust von knapp 1,5 Milliarden britischen Pfund zu Buche. Ein Jahr zuvor hatte das saisontypische Minus nur 255 Millionen Pfund betragen. Die von der Abschreibung betroffenen Marken hatte Thomas Cook vor rund zwölf Jahren im Zuge der Fusion mit dem Veranstalter MyTravel übernommen.

Rettendes Geld erhofft sich Thomas Cook jetzt von dem Verkauf seiner Fluggesellschaften. "Wir wollen die Überprüfung des Airline-Geschäfts zu einem guten Abschluss führen, um die Liquidität des Konzerns zu verbessern", sagte Fankhauser. Mehrere Interessenten hätten Gebote für die gesamte Airline-Gruppe sowie Teile davon abgegeben. Namen von Interessenten nannte der Manager nicht.

Die Lufthansa hatte jedoch jüngst schon erklärt, dass sie ein unverbindliches Gebot für Condor abgegeben habe. Dabei hat Europas größte Fluggesellschaft vor allem das Langstreckengeschäft des Ferienfliegers im Auge, der früher bereits einmal zum Kranich-Konzern gehört hatte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr schloss auch eine Offerte für die gesamten Thomas-Cook-Airlines nicht aus.

Thomas Cook hatte seine Ferienfluggesellschaften Anfang Februar zum Verkauf gestellt. Das Management will die Offerten nun prüfen. Um auf jeden Fall über den nächsten Winter zu kommen, hat sich der Reisekonzern bei Banken bereits eine Kreditlinie über 300 Millionen Pfund gesichert. "Wir haben die Rückendeckung unserer Banken, und das war uns wichtig."

Das Geld aus dem Airline-Verkauf will Fankhauser nutzen, um noch mehr in eigene Hotels und neue Technologien zur Reisevermarktung zu investieren. Bei diesen Zielen folgt er teilweise dem weltgrößten Reisekonzern Tui. Dieser will seine Fluggesellschaften auch nach den Erfahrungen mit der Pleite von Air Berlin allerdings behalten.

Tui-Chef Fritz Joussen hatte Spekulationen über ein mögliches Interesse an den Thomas-Cook-Airlines zu zerstreuen versucht. "Wir investieren unser Geld dort, wo es unserer Strategie dient." Diese ziele etwa auf eigene Hotels, das Kreuzfahrtgeschäft und Technologie. Tui plane aber eher keine großen Zukäufe./stw/nas/jha/