BERLIN (dpa-AFX) - Im Kampf gegen die Klimakrise fordert Linken-Chef Bernd Riexinger, den Preiskampf zwischen Fluggesellschaften per Verstaatlichung zu beenden - und erntet dafür viel Kritik. Fluggesellschaften gehörten wie die Bahn und die Energieversorgung in staatliche Hand, sagte Riexinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Wochenende. "Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben."

Pläne, das Fliegen zu verteuern, gibt es allerdings in allen drei Parteien der großen Koalition. Im Gegenzug könnten Bahntickets im Fernverkehr über eine Steuersenkung günstiger werden. Für diesen Vorschlag warb CSU-Chef Markus Söder in der "Welt am Sonntag", er ist auch Teil des SPD-Konzepts zum Kampf gegen die Erderhitzung.

Riexinger argumentierte, dass klimaschädliche Flugreisen unverantwortlich billig geworden seien, hänge auch damit zusammen, dass man den Flugverkehr privatisiert habe. "Fliegen war ja mal besser reguliert und überwiegend in öffentlicher Hand", sagte er. Man hat einen wilden Konkurrenzkampf auf dem Flugmarkt zugelassen - zum Nachteil der Beschäftigten und zu Lasten des Klimas."

Anders sieht das der stellvertretende SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach, der sich auch um den Parteivorsitz bewirbt und zum linken Flügel der SPD gehört. Klimaschutz im Verkehr müsse erreicht werden, indem Bahn und öffentlicher Nahverkehr besser und billiger würden, schrieb er auf Twitter. "Wir brauchen grüne Marktwirtschaft, keinen grünen Staatskapitalismus."

Derzeit geht es in der Klimaschutz-Debatte darum, ob Fliegen teurer werden sollte. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will die Luftverkehrsabgabe in Deutschland erhöhen, in der CSU und der CDU gibt es ähnliche Pläne, zumindest für Inlandsflüge. Ziel ist unter anderem, mehr Geld für den Ausbau der Bahn und öffentlicher Verkehrsmittel einzunehmen und den Bürgern den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel erleichtern.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) widersprach seinem Parteifreund Riexinger nicht, bewarb auf Twitter aber einen anderen Vorschlag: "Ich plädiere für eine konsequente Besteuerung von Flugbenzin und Steuerfreiheit für alle Schienenverkehre", schrieb er. Auch der vollständige Umzug der Bundesministerien von Bonn nach Berlin wäre ein "Beitrag zum weniger fliegen".

Grünen-Chef Robert Habeck hatte sich kürzlich für eine Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge ausgesprochen. Aus Sicht des Bundesumweltministeriums wäre es aber zu einfach, diese beim Tanken in Nachbarländern zu umgehen. Dass das Fliegen teurer werden sollte, findet sogar der Chef des Münchner Flughafens: Michael Kerkloh hielt in der "Augsburger Allgemeinen" (Montag) etwa einen "Klima-Taler" für denkbar. Die Einnahmen müssten auch dem Klimaschutz dienen.

Kritik an Riexingers Vorstoß kam auch aus CSU, FDP und AfD. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte die Pläne "gruselig", die "DDR 2.0" scheine durch. "Die SED lässt grüßen", schrieb AfD-Vize Georg Pazderski auf Twitter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, warf Riexinger vor, er missbrauche "die ökologische Sensibilität der Menschen für neosozialistische Gedankenspiele".

Eine Erhöhung der Abgaben im Flugverkehr könnte Teil eines Pakets werden, auf das das Klimakabinett der Bundesregierung sich am 20. September einigen will. Für Tauwetter zwischen den Koalitionären sorgten am Wochenende die Pläne der CSU im Kampf gegen die Erderwärmung. Dazu gehört unter anderem ein Umbau der Kfz-Steuer und eine geringere Besteuerung von Bahntickets im Fernverkehr.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schlug im "Münchner Merkur" auch "Klimaanleihen" als sichere Anlagemöglichkeit für Bürger vor - das hatte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch schon im Mai ins Spiel gebracht. CSU-Chef Markus Söder forderte in der "Welt am Sonntag", die Steuer auf die Tickets deutlich zu senken oder ganz zu streichen. Derzeit gebe es dafür nicht einmal den ermäßigten Mehrwertsteuersatz, das könne so nicht bleiben. Auch die SPD will - wie im Nahverkehr - nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer nehmen. Diese Signale machten "endlich Mut", kommentierte Miersch am Sonntag./toz/DP/fba