LEIPZIG/BERLIN (dpa-AFX) - Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will milliardenschwere Einnahmen aus der Ticketsteuer für mehr Klimaschutz einsetzen. Der CSU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur vor der ersten nationalen Luftfahrtkonferenz am Mittwoch in Leipzig: "Unser Ministerium will fördern statt verbieten, saubere und synthetische Kraftstoffe billiger machen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Einnahmen der Luftverkehrsteuer für Forschung, Innovation und Klimaziele genutzt werden."

Der Verkehrsminister sagte weiter: "Ich will nicht, dass das Billig-Fliegen siegt." Der Luftverkehr müsse auf Qualität setzen und sauber sein.

Scheuer stellte sich damit hinter einen Vorstoß des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Dieser hatte verlangt, die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer für die Markteinführung von regenerativen Kraftstoffen einzusetzen. Derzeit werde das Steueraufkommen nicht gezielt für klimapolitische Zwecke im Luftverkehr eingesetzt.

Zu der Luftfahrtkonferenz kommen am Mittwoch in Leipzig Politiker, Unternehmer sowie Vertreter von Branchenverbänden und Gewerkschaften zusammen. Erwartet werden unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Scheuer sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Themen sind neben mehr Klimaschutz auch der digitale Wandel und neue Technologien.

Die deutsche Luftverkehrsteuer hatte dem Bund 2018 rund 1,2 Milliarden Euro eingebracht. Eine automatische Zweckbindung gibt es bei Steuern aber laut Finanzministerium eigentlich nicht.

Die Steuer war 2011 von der schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführt worden. Im Inland und auf Kurzstrecken sind pro Flug 7,50 Euro fällig, für Mittelstrecken 23,43 Euro und für fernere Ziele 42,18 Euro. Zahlen müssen dies die Fluggesellschaften. Sie können die Mehrkosten wegen des harten Wettbewerbs kaum über höhere Ticketpreise bei den Reisenden wieder hereinholen.

Scheuer sagte außerdem, der Ansatz des Ministeriums bleibe technologieoffen und verkehrsträgerübergreifend: "Wir denken Luftverkehr nicht ohne die anderen Mobilitätsangebote, vor allem die Bahn. Ein System, mit dem Deutschland mobil und erfolgreich bleibt, aber zugleich innovativer und klimafreundlicher wird."

Die Branche will in Leipzig mit Politik, Industrie und Gewerkschaften Verabredungen treffen, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Luftfahrt gestärkt und der Luftverkehr besser in Einklang mit dem Klimaschutz weiterentwickelt werden könne. Das sagte BDL-Präsident Klaus-Dieter Scheurle der dpa.

Der Verband habe Vorschläge für wirkungsvolle und umsetzbare Maßnahmen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz gemacht: "Wir setzen darauf und wünschen uns, dass wir uns auf der Konferenz mit der Politik auf gemeinsame Wege verständigen." Der BDL will langfristig auf die Entwicklung und massenhafte Produktion synthetischen Flugbenzins setzen. Das fossile Kerosin solle durch regenerative Kraftstoffe ersetzt werden, damit die CO2-Emissionen des Luftverkehrs auf Null sinken könnten, heißt es in einem Konzept.

Grünen-Politiker forderten eine Verdopplung der Luftverkehrssteuer. "Auch der Luftverkehr muss endlich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten", sagten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Daniela Wagner und Stephan Kühn der dpa. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer sollten nicht in den Bundeshaushalt fließen, sondern anteilig in die Förderung von emissionsarmen Flugzeugen und in die Förderung klimaneutraler, alternativer Kraftstoffe für die Luftfahrt investiert werden.

Am 20. September soll das Klimakabinett der Bundesregierung über ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz entscheiden. Deutschland droht, nationale und international verpflichtende Klimaziele zu verfehlen.

In den vergangenen Wochen hatte auch die Debatte über klimaschädliche Inlandsflüge Fahrt aufgenommen. Um den Umstieg auf die Bahn zu stärken, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch - etwa, die Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr zu senken.

Anders als bei den Luftfahrtgipfeln in Hamburg sind auf der Konferenz in Leipzig auch die Arbeitnehmer vertreten, die auf den Schutz der Luftfahrtbeschäftigten drängen. "Verdi sieht keinen Gegensatz zwischen Klimaschutz, Beschäftigung und guten Arbeitsbedingungen", sagte dazu Verdi-Bundesvorstandsmitglied und Lufthansa-Aufsichtsrätin Christine Behle. Man benötige eine konzertierte Aktion aus Politik und Luftverkehrswirtschaft, um die Arbeitsbedingungen zu stabilisieren.

Die Lufthansa steht nach den Worten von Vorstandschef Carsten Spohr zu ihrer Verantwortung in Sachen Klimaschutz. Wichtigstes Mittel bleiben aus seiner Sicht die laufenden Investitionen in neue, effizientere Flugzeuge, wie Spohr vor kurzem gesagt hatte.

Der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) sagte Spohr, er sehe große Chancen, die Klimabelastung durch den Luftverkehr in den nächsten zehn Jahren deutlich zu senken. Er glaubt, der CO2-Ausstoß ließe sich langfristig um zehn Prozent senken, wenn synthetischer Treibstoff in großen Volumina hergestellt würde./ceb/DP/zb