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BERLIN (dpa-AFX) - Tausende Taxis ohne Fahrgäste im Schritttempo auf vielen wichtigen Hauptverkehrsadern: Am Mittwoch haben Taxifahrer in rund 30 Städten gegen die geplante Liberalisierung des Fahrdienstmarktes demonstriert und den Verkehr teilweise erheblich blockiert.

Allein an der bundesweit größten Demonstration in Berlin hätten sich rund 4000 Wagen beteiligt, sagte ein Sprecher des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BZP). Ab dem späten Vormittag fuhren die Autokorsos in der Hauptstadt von drei Startpunkten aus langsam zum Brandenburger Tor, wo bei einer Kundgebung auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auftrat. Der versuchte zwar den Schulterschluss ("Kapieren Sie endlich, dass ich Sie brauche für die Daseinsvorsorge!"), rückte aber inhaltlich von seinen Plänen nicht ab.

Der CSU-Politiker will die Marktbeschränkungen für neue Dienstleister wie Uber, Moia, BerlKönig oder CleverShuttle lockern. Wesentliche Auflagen für die neuen Anbieter, von denen Taxis befreit sind, sollen entfallen. Für Taxis würde das erheblich größere Konkurrenz bedeuten

- und nach Einschätzung des BZP eine Bedrohung für ihre Existenz.

Einer der größten Knackpunkte ist die sogenannte Rückkehrpflicht für Mietwagenangebote mit Fahrern, etwa Uber. Bislang müssen sie nach jeder Fahrt an den Hauptstandort zurückkehren, wenn sie keinen neuen Auftrag haben. Taxis dagegen dürfen schon jetzt auf der Straße auf Kunden warten. Scheuer will die Rückkehrpflicht abschaffen und blieb trotz lauter Buh-Rufe und Pfiffe der Demonstranten bei der Kundgebung in Berlin hart.

BZP-Präsident Michael Müller forderte den Minister auf der Bühne auf, zuzusagen, dass die Rückkehrpflicht weiterhin im bundesweiten Personenbeförderungsgesetz erhalten bleibe. Die Zusage gab Scheuer dem Lobbyverband nicht. Er wies allerdings darauf hin, dass die Städte selbst entscheiden könnten, wie sie mit der Rückkehrpflicht umgingen. "Die Frage der Rückkehrpflicht überlasse ich den Städten. Die Städte müssen entscheiden: Ja oder nein", sagte er.

Die Kommunen stehen aber im Wesentlichen hinter den Taxifahrern. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte dem Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND): "Die Erfahrungen aus dem Ausland zeigen aber auch, dass eine unkontrollierte Zulassung privater Shuttle-Dienste zu einer Kannibalisierung des ÖPNV und des Taximarktes und so zu einer weiteren Zunahme der Verkehrs- und Umweltbelastung in den Städten führen." Die neuen Fahrdienste könnten eine sinnvolle Ergänzung des Nahverkehrs sein, ihre Befreiung von Auflagen dürfe aber nicht zu weit gehen.

Taxiunternehmern wie Michael Klewer genügt das nicht. Der 51-jährige Berliner hat 14 Wagen und etwa 40 Angestellte - und am Mittwoch wegen der Demo einen stundenlangen Verdienstausfall: "Der eine Tag macht den Kohl nicht fett." Schon jetzt lägen seine Umsatzeinbußen wegen der neuen Konkurrenz bei 10 bis 20 Prozent. Käme die Reform des Personenbeförderungsgesetzes, sei seine Existenz bedroht.

Autokorsos und Kundgebungen gab es unter anderem auch in Hamburg, Düsseldorf, Wiesbaden, Stuttgart und Dresden. Bundesweite Teilnehmerzahlen lagen am Nachmittag noch nicht vor, der Verband geht insgesamt von mehreren Tausend Wagen aus, die sich in ganz Deutschland beteiligt hätten. Die größten Auswirkungen bekam die Hauptstadt zu spüren. Die Taxis blockierten vorübergehend auch die Zufahrten zum Flughafen Tegel, der nicht ans Gleisnetz angebunden ist. Der Flughafen warnte am Mittag auf Twitter davor, auf der Autobahn auszusteigen und zu Fuß zum Airport zu laufen. Umsonst: Viele Passagiere legten die letzten Kilometer zum Flughafen zu Fuß zurück.

Ein Sprecher des Fahrdienstvermittlers Uber in Deutschland hatte am Dienstag bereits versucht, die Wogen zu glätten: "Taxis sind für Uber wichtige Partner. Wir alle wollen, dass die Menschen öfters ihr privates Auto stehen lassen." Zudem vermittle Uber auch Fahrten an Taxis. Allein in Berlin habe man 1500 Taxi-Partner. Uber Deutschland ist in Berlin, München, Düsseldorf und Frankfurt am Main vertreten. Für die demonstrierenden Taxifahrer ist Uber Sinnbild ihrer Existenzbedrohung. Die Menge vor dem Brandenburger Tor skandierte immer wieder: "Uber raus!"/juc/DP/mis