DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Handelskonzern Metro steht vor einer Übernahme. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky will das deutsche Unternehmen zusammen mit einem Partner kaufen. Möglich wurde dies, nachdem der Zusammenhalt der bisherigen Großaktionäre zerbröckelt ist. Der Familienkonzern Haniel will aussteigen, nachdem er über die Jahre Milliarden auf seine Investition abschreiben musste. Bei der Metro ist man nicht begeistert. Die offizielle Stellungnahme des Managements wird für diesen Mittwoch erwartet. Was bei Metro los ist, was Analysten sagen, und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI METRO:

Kretinsky will eigenen Aussagen nach mit seinem slowakischen Partner Patrik Tka die volle operative Kontrolle über Metro übernehmen, um eine "klare Wachstumsstrategie" verfolgen zu können. Mit Details dazu hält sich der Investor aber zurück. Es ist anzunehmen, dass Kretinsky nach einer Übernahme stärker in den laufenden Betrieb eingreifen könnte, als es die bisherigen Großaktionäre um die Familien Haniel, Schmidt-Ruthenbeck und Beisheim getan haben. Im Handel ist Kretinsky bislang aber ein unbeschriebenes Blatt. Der Finanzinvestor hat seine Engagements zuvor vor allem auf die Energie- und Industriebranche konzentriert.

Am deutschen Handel, der durch hohen Konkurrenzkampf und harten Preiswettbewerb ausgesetzt ist, hat sich dabei schon manch ausländischer Investor die Zähne ausgebissen. Der weltgrößte Händler Walmart versuchte Ende der 1990er Jahre, ein Bein in das Geschäft zu bekommen, warf aber nach einigen Jahren und Milliardenverlusten entnervt hin - die überdimensionierten Märkte verkaufte er an Metro. Der kanadische Händler HBC scheiterte bei dem von Metro übernommen Warenhauskonzern Kaufhof, US-Milliardär Nicolas Berggruen verhob sich zuvor bei der Übernahme des insolventen Konkurrenten Karstadt.

Nun will sich Kretinsky bei Metro versuchen. Der Düsseldorfer Konzern schwächelt seit Jahren und befindet sich seit längerem im Wandel. Einst ein großer Gemischtwarenladen mit verschiedensten Groß- und Einzelhandelsaktivitäten, ist er nun auf dem Weg zum reinen Händler für Profikunden und Gastronomie. Im Zuge dessen trennte sich Metro neben Kaufhof von einer Reihe von Geschäftsbereichen. Vor rund zwei Jahren spaltete sich der Konzern als wichtigsten Baustein in einen Großhändler und einen Elektronikkonzern (die heutige Ceconomy) auf. Der Hintergedanke: ein reiner Großhändler soll dem zäh laufenden Geschäft wieder mehr Wachstumschancen bieten.

Die Hoffnungen haben sich jedoch bislang nicht erfüllt. Metro kämpft weiter mit Problemen, vor allem im wichtigen russischen Geschäft. Dazu hängt den Düsseldorfern die Supermarktkette Real trotz aller Sanierungsprogramme wie ein Mühlstein um den Hals. Das Management will Real an den Immobilienkonzern Redos verkaufen, der Deal ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Mit Blick auf die Übernahme durch Kretinskys herrscht im Düsseldorfer Hauptquartier dem Vernehmen nach jedoch Besorgnis über die Finanzierung. Kretinsky will den rund 5,8 Milliarden Euro schweren Kauf zum Großteil über Schulden stemmen. Ratingagenturen wie Moody's schlugen bereits Alarm. Sie prüfen die Bonität des Handelskonzerns nach dem Gebot auf eine mögliche Herabstufung. Sie befürchten, die Verbindlichkeiten von Metro könnten nach einer Übernahme erheblich steigen.

Das Metro-Management argwöhnt, dass der Handelskonzern später für die Verbindlichkeiten aufkommen muss. So wird befürchtet, dass Kretinsky etwa die zu erwartenden Erlöse aus dem Verkauf der Supermarkttochter Real sowie des China-Geschäfts zum Schuldenabbau verwenden könnte, statt sie wieder in das Geschäft zu stecken. Zudem hält Metro-Chef Olaf Koch den Preis für zu niedrig. Ein Sprecher von Kretinskys Übernahme-Holding EP Global Commerce erklärt unterdessen, die Kapitalstruktur des Gebots sei "sehr solide" und unterstütze die Wachstumsstrategie der Metro. 2,5 Milliarden Euro finanziere EPGC mit eigenem Kapital.

Die Offerte läuft bis zum 7. August. Die Mindestannahmeschwelle liegt bei 67,5 Prozent. Haniel hat seine übrigen gut 15 Prozent bereits angedient, Ceconomy verkaufte ebenfalls den Großteil seiner Aktien. Aktuell hat Kretinsky sich nach eigenen Angaben gut 32 Prozent der gesamten Stimmrechte am MDax-Konzern gesichert. Offen ist, wie die übrigen Großaktionäre auf das Angebot reagieren: die Meridian Stiftung der Duisburger Händlerfamilie Schmidt-Ruthenbeck (14,19 Prozent) sowie die Beisheim Holding (6,56 Prozent). Einem Zeitungsbericht zufolge will sich die Familie Schmith-Ruthenbeck, Mitgründer der Metro-Großhandelsmärkte, nicht von ihren Aktien trennen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Am Aktienmarkt wurde die Offerte mäßig aufgenommen. Der Kurs der Metro-Papiere stieg nach der Übernahmeankündigung nur kurz über den Angebotspreis von 16 Euro. Die Marktexperten sind sich uneins über die Bewertung. Manch ein Börsianer monierte eine mickrige Prämie. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) beurteilt das Gebot als zu gering.

Seit der Vorlage notiert das Papier konstant unter der Offerte. Offenbar machen sich Anleger keine Hoffnung auf eine Erhöhung. Denn die Aktie hat auf Zwölf-Monats-Sicht um gut 55 Prozent zugelegt. Seit Jahresbeginn liegen sie immer noch gut 17 Prozent im Plus. Metro-Aktionäre sind leidgeprüft: So verlor das Papier seit Wirksamwerden der Aufspaltung Mitte Juli 2017 knapp 13 Prozent.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Auch Analysten sind sich uneins. So riet Mainfirst-Experte Cedric Decasble nach Veröffentlichung des Angebots den Investoren abzuwarten. Der geringe Bewertungsaufschlag sei der beste Verbündete des Managements, schätzt er. Auch will er einen Einstieg aktivistischer Investoren nicht ausschließen, die womöglich auf einen höheren Preis spekulieren. Allerdings hat sich in dieser Richtung bislang nichts getan.

Die DZ Bank hält das Angebot hingegen für fair. Für eine Annahme votiert auch Volker Bosse von der Baader Bank. Vor allem in Russland und Deutschland Metro vor strategischen Herausforderungen. Zudem leide sie unter dem intensiven Wettbewerbsumfeld im Bereich Lebensmittel. Ähnlich sieht es Lars Lusebrink von Independent Research. Sollten sich zu viele Aktionäre in Erwartung eines höheren Angebots zurückhalten, bestehe das Risiko, dass die Mindestannahmeschwelle verfehlt wird und die Offerte scheitert.

Bei der britischen Investmentbank HSBC wartet man nun auf die Stellungnahme des Unternehmens. Bei einer Ablehnung der Offerte müsse das Management die Anleger davon überzeugen, dass Metro als unabhängiger Konzern seinen Unternehmenswert weiter steigern könne, so Analyst Andrew Porteous./nas/stw/jha/