DÜSSELDORF (awp international) - Die andauernde Schwäche des Russland-Geschäfts entwickelt sich für den deutschen Handelskonzern Metro zum Hemmschuh. Am Freitag senkte der Konzern wegen der Flaute in dem Markt seine Jahresprognose und verursachte damit einen Kursrutsch der Aktie. Zu schaffen macht dem Konzern auch die Tarifsituation bei der Supermarkttochter Real. Das Ergebnis im dritten und vierten Quartal werde dadurch belastet, teilte Metro mit.

Für das Ende September auslaufende Geschäftsjahr 2017/2018 erwartet der Konzern nun nur noch eine leichte Steigerung des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) statt einer Erhöhung um etwa 10 Prozent. Der Umsatz soll nun nur noch um mindestens 0,5 Prozent zulegen und nicht mehr um mindestens 1,1 Prozent. Währungseffekte und Ergebnisbeiträge aus Immobiliengeschäften sind bei der Prognose ausgeklammert.

An der Börse sorgte die Gewinnwarnung für einen Kurseinbruch. Die zuvor freundlich tendierende Aktie gab bis Handelsschluss fast elf Prozent nach. Am Ende kosteten die Aktien nur noch 13,025 Euro. Im Tief waren sie sogar etwas weiter bis auf 12,63 Euro gefallen, was für die im MDax notierten Aktien den tiefsten Stand seit der Abspaltung vom Elektrohandel im Juli vergangenen Jahres bedeutet hatte.

Experten beurteilten die Prognosesenkung in ersten Einschätzungen kritisch. So etwa Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank, der das Fazit zog, dass der Konzern wohl den Anschluss an die direkte Konkurrenz und den Onlinehandel verpasse. "Dies wird nach der Aufspaltung des Konzerns immer offensichtlicher", sagte er.

Analyst Bruno Monteyne vom US-Analysehaus Bernstein Research stellte gar die Glaubwürdigkeit des Managements in Frage. Er rechnete vor, dass der in Russland erzielte operative Gewinnbeitrag (Ebitda) in kürzester Zeit um mehr als die Hälfte gefallen sein müsse. "Daher können wir nur folgern, dass die Probleme, denen das Management in Russland gegenübersteht, materiell unterschätzt wurden."

Russland ist schon seit längerem eine Schwachstelle im Metro-Reich. Das Land war einst eine Goldgrube für ausländische Händler. Dann rutschte das Land vor etwa vier Jahren in eine schwere Krise. Mit den Folgen hat noch immer die grösste russische Zielgruppe der Metro zu kämpfen - die der unabhängigen Händler. Da auch der Wettbewerbsdruck durch lokale Händler zunimmt, hatte Metro schon nach einem schwierigen Weihnachtsgeschäft angekündigt, neue Preismodelle zu erarbeiten und die Zusammenarbeit mit den Händlern zu vertiefen. Metro-Chef Olaf Koch versprach sich davon im Februar noch sichtbare Verbesserungen in Russland ab der zweiten Jahreshälfte. Der russischen Gastronomie sollte die Fussballweltmeisterschaft im Sommer einen Schub geben, hoffte er damals.

Am Freitag teilte der Konzern nun mit, dass die Russland-Umsätze im zweiten Halbjahr - auch aufgrund der weiter verschlechterten geopolitischen Situation - nun schwächer als erwartet ausfallen werde. Zudem verschlingt die Neupositionierung in dem Land mehr Geld als gedacht. Dies führe insgesamt zu einer Verringerung des Ergebnisbeitrags von Metro Russland, hiess es.

Auch der Tarifstreit bei Real belastet den Konzern finanziell. Ende März hatte Konzernchef Koch einen Schlussstrich unter die zuletzt festgefahrenen Verhandlungen mit Verdi über die künftige Bezahlung der 34 000 Real-Beschäftigen gezogen. "Obwohl eine anderweitige tragfähige Lösung gefunden wurde und in Umsetzung ist, wird dieser Umstand das Ergebnis kurz- und mittelfristig und damit auch im dritten und vierten Quartal belasten", hiess es. Metro hat vor, künftig nicht mehr unter dem Dach des Branchenverbandes HDE über neue Tarifverträge verhandeln.

Der Weg dafür wurde am Freitag ebenfalls geebnet. So hat der Aufsichtsrat von Real der Überführung der Einzelhandelskette auf die Metro Services zugestimmt. Verdi reagierte erzürnt und warf dem Unternehmen vor, es wolle sich auf Kosten der Beschäftigten einen Vorteil im Verdrängungswettbewerb der Branche verschaffen. Den Beschäftigen drohe deshalb Altersarmut.

Metro teilte zugleich vorläufige Eckdaten für die ersten sechs Monate mit. Danach sank der Umsatz von 18,61 Milliarden Euro im Vorjahr auf 18,56 Milliarden Euro. Flächenbereinigt legten die Erlöse um 1,3 Prozent zu. Das Ebitda ohne Immobiliengeschäfte sank auf 760 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte Metro noch einschliesslich dieser Transaktionen 859 Millionen Euro verdient./she/tih/he