- von Alexander Hübner

Vorstandschef Joachim Wenning sagte am Mittwoch in München, der Nettogewinn dürfte im laufenden Jahr in der oberen Hälfte der Erwartungen liegen, die von 2,1 bis 2,5 Milliarden Euro reichen - wenn das zweite Halbjahr normal verlaufe. Nach sechs Monaten stehen knapp 1,6 Milliarden Euro Gewinn zu Buche. Der Vorstand habe sogar eine Erhöhung der Prognose diskutiert, sie aber noch verworfen. "Wir hatten zwei sehr gute Quartale", resümierte der scheidende Finanzvorstand Jörg Schneider.

Dabei steckte die Münchener Rück auch den Beinahe-Einsturz der Ituango-Talsperre nach starken Regenfällen weg, durch den sich die Großschäden im zweiten Quartal auf gut 600 Millionen Euro mehr als verdoppelten. Nach Berechnungen von Jefferies-Analyst Philip Kett hat die Münchener Rück seit einem Jahrzehnt nicht mehr so viel Geld für Schäden ausgeben müssen, die von Menschen verursacht wurden. "Auch wenn der Wind nicht heult und die Erde nicht bebt, bleibt die Rückversicherung ein volatiles Geschäft." Wie viel der Baustopp an dem Wasserkraftwerk und das zerstörte Turbinenhaus die Münchener Rück kosten werden, wollte Schneider nicht sagen. Man habe aber konservativ geplant.

Operativ bescherte das der Münchner Rück in der Schaden-Rückversicherung mit einer Schaden-Kosten-Quote von 102 Prozent einen Quartalsverlust. Deutlich steigende Gewinne in der Leben- und Kranken-Rückversicherung, wo die Münchener Rück aus zwei großen, aber wenig lukrativen Verträgen ausstieg, konnten das nicht ganz wettmachen. Unter dem Strich stand aber dank eines niedrigeren Steuersatzes ein stabiler Gewinn von 728 (733) Millionen Euro. DZ-Bank-Analyst Thorsten Wenzel sprach von einem qualitativ schlechten Ergebnis. An der Börse gab die Münchener-Rück-Aktie zeitweise um mehr als drei Prozent nach.

Im vergangenen Jahr hatte eine Serie von Wirbelstürmen und Erdbeben im Herbst der Münchener Rück das Ergebnis verhagelt. Am Ende blieben weniger als 400 Millionen Euro Gewinn übrig. In diesem Jahr spielten Naturkatastrophen bisher kaum eine Rolle, und die Wissenschaftler gingen von einer nur durchschnittlichen Hurrikan-Saison aus, sagte Wenning.

HOFFNUNG AUF BEWEGUNG BEI DÜRRE-VERSICHERUNG

Die Hoffnung auf einen deutlichen Preisanstieg aufgrund der Milliarden-Sturmschäden hat sich nicht erfüllt. Nur in Regionen, wo Naturkatastrophen wüteten, hätten die Preise stark angezogen, erklärte die Münchener Rück. Im Schnitt lagen sie nur um 0,9 Prozent über dem Vorjahr. Trotzdem nutzte die weltweite Nummer eins die Erneuerungsrunde zum 1. Juli, um das Volumen der neu ausverhandelten Prämien um 42 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro auszuweiten. Rund ein Fünftel des Geschäft stand dabei zur Erneuerung an. Im ersten Halbjahr bröckelten die Bruttobeiträge um 1,7 Prozent auf 24,3 Milliarden Euro ab - unter anderem weil die meisten Verträge in Amerika in Dollar abgeschlossen werden. Für das Gesamtjahr erwartet die Münchener Rück sie mit 46 bis 49 Milliarden Euro ebenfalls unter dem Vorjahresniveau.

Die Dürre in Europa trifft die Münchener Rück bisher kaum - zu ihrem Leidwesen. Finanzchef Schneider sagte, in den USA seien die Farmer durch eine Zusammenarbeit von Staat und Versicherern nicht nur gegen Hagel, sondern auch gegen die Folgen von Dürre und anderen Naturgefahren geschützt. In Europa komme man damit aber kaum voran. Die Ernteausfälle sollten ein Umdenken bringen: "Wir erhoffen uns in Zukunft mehr Impulse für eine umfassende Landwirtschaftsversicherung", sagte Schneider. Auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sprach sich am Mittwoch für ein staatlich unterstütztes privates Modell aus.