FRANKFURT (dpa-AFX) - Beim Windanlagenbauer Nordex zeichnet sich eine Stabilisierung ab. Noch haben die Hamburger den Nachfrageeinbruch von vor zwei Jahren nicht vollständig verdaut. Doch volle Auftragsbücher durch einen Strategieschwenk hin zu Märkten außerhalb Europas, leistungsstärkere Windradmodelle sowie sich langsam stabilisierende Preise lassen auf eine Rückkehr in die Gewinnzone ab 2020 hoffen. Was bei dem SDax-Konzern los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI NORDEX:

Zuletzt hat Nordex die Investoren mit guten Nachrichten gefüttert. Ein stetiger Zufluss von Aufträgen sorgte für ein dickes Orderplus im zweiten Quartal. Der Auftragseingang (ohne Dienstleistungen) fiel mit 2 Gigawatt nahezu doppelt so hoch aus wie ein Jahr zuvor. Zu verdanken hat der Windturbinenbauer dies vor allem der Nachfrage aus den USA. Die Vereinigten Staaten brachten mit gut 1,1 Gigawatt mehr als die Hälfte der Bestellungen und standen damit an der Spitze der Einzelmärkte. Die vor Kurzem auf den Markt gebrachte neue Turbinengeneration Delta4000 konnte im Berichtszeitraum einen Anteil von rund 34 Prozent aller Bestellungen auf sich vereinen.

Die Auftragsentwicklung hat sich damit beschleunigt. Im ersten Halbjahr erreichte das Unternehmen, das wie viele Konkurrenten mit starkem Wettbewerb und anhaltendem Preisdruck kämpft, ein Neugeschäft von gut drei Gigawatt, verglichen mit knapp 2,1 Gigawatt im Vorjahr. Nordamerika und Europa hatten daran einen Anteil von jeweils 37 Prozent, gefolgt von Lateinamerika mit 21 Prozent.

Damit könnte Nordex womöglich die bislang anhaltende Flaute hinter sich lassen. Ein Nachfrageeinbruch hatte der Windkraftbranche in den vergangenen zwei Jahren die Ergebnisse verhagelt. Grund war der Wechsel von festen Einspeisetarifen hin zu Auktionen. Europaweit finden Ausschreibungen für neue Anlagen inzwischen überwiegend über eine Auktion statt, was die Preise drückt.

Dies gilt vor allem für Anlagen an Land, da der Markt zunehmend gesättigt ist und Subventionen heruntergefahren werden. Das trifft insbesondere Nordex, da sich der Konzern auf diesen Bereich konzentriert und das besser bezahlte Geschäft mit Seeanlagen Anbietern wie Vestas oder Siemens Gamesa überlässt. Der deutsche Markt gilt dabei als besonders schwierig. Das Management reagierte daher mit Kosteneinsparungen und Stellenabbau.

Wie andere Windanlagenbauer auch wandte sich Nordex daher anderen, vielversprechenderen Märkten zu, etwa den USA. Zudem entwickelte der Konzern eine neue, leistungsstärkere und kosteneffizientere Modellreihe, die Delta4000. Dazu beginnen sich die Preise für Windkraftanlagen zu stabilisieren. Noch zeigt sich das allerdings nicht in der Ergebnisrechnung. Im ersten Quartal fuhr Nordex sogar höhere Verluste ein. Wegen des dicken Auftragspolsters erwartet das Management aber für die zweite Jahreshälfte einen deutlichen Anstieg der weltweiten Installationen und folglich auch deutlich höhere Umsätze als in der ersten Jahreshälfte. Daher peilt Nordex weiterhin für 2019 einen Konzernumsatz von 3,2 bis 3,5 Milliarden Euro an. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Erlöse in Höhe von 2,46 Milliarden Euro ausgewiesen, ein Rückgang um gut ein Fünftel. Die Ebitda-Marge soll bei 3 bis 5 Prozent liegen.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Der Commerzbank-Analyst Sebastian Growe verweist auf eine bessere Berechenbarkeit der Geschäftsentwicklung. Er hat die Aktie Anfang Juli auf "Kaufen" von "Halten" mit einem Kursziel von 16 Euro heraufgestuft und gehört damit zu den Optimisten für die Aktie. Denn mehrheitlich raten die im dpa-AFX Analyser zusammengefassten Analysten zum Verkauf.

Nordex habe das siebte Quartal in Folge Auftragseingänge von rund einem Gigawatt oder höher eingefahren, erklärte Growe. Die Auftragslage falle damit derzeit besser aus als erwartet. Grundsätzlich seien die Aussichten für die Nachfrage nach Windkraftanlagen günstig. Auf dem US-Markt schienen sowohl die Preise als auch die Zahlungskonditionen gut zu sein. Er rechnet damit, dass Nordex ab 2020 wieder Gewinne erzielen dürfte. Im laufenden Jahr sollten sich die Verluste zudem insgesamt trotz des schwachen ersten Quartals deutlich reduzieren.

Auch Sven Diermeier von Independent Research hält die Rückkehr in die Gewinnzone im kommenden Geschäftsjahr nun für "noch wahrscheinlicher". Er stellt jedoch die Frage nach der Nachhaltigkeit in der Auftragsentwicklung. Denn Branchenexperten erwarten ab 2020 wieder ein deutliches Abflauen des Wachstums bei den Installationen für Anlagen an Land sowie ein Schrumpfen im Jahr darauf (ohne China).

Guido Hoymann vom Analysehaus Metzler verweist auf eine Stabilisierung der Preise - so wurde im ersten Quartal ein durchschnittlicher Verkaufspreis von 0,78 Millionen Euro pro Megawatt erreicht, das sei die vierte Erholung in Folge gewesen, verglichen mit 0,74 Millionen im zweiten Quartal 2018. Die Margen dürften sich im kommenden Jahr verbessern, auch, da sich den Branchenschätzungen zufolge der darniederliegende deutsche Markt wieder erholen soll.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Aktie hat in diesem Jahr stark zugelegt. Allerdings befand sich das Papier seit Herbst 2016 nach den Problemen der Branche im Abwärtssog. Seit Jahresanfang kommt die Aktie auf ein Plus von deutlich über 80 Prozent, im Jahresvergleich erreicht sie immerhin noch gut 45 Prozent. Einen Schub bekam das Papier nochmals durch die guten Auftragszahlen zum zweiten Quartal.

Mit einem Kurs von 14 Euro ist Nordex jedoch weit von den alten Zeiten des Windkraftbooms entfernt: Anfang Oktober 2016 kostete eine Aktie noch fast 27 Euro, Anfang 2016 waren es sogar mehr als 33 Euro./nas/kro/fba