MAINTAL (dpa-AFX) - Nach einem schwachen und von der Corona-Krise geprägten ersten Halbjahr sieht der Verbindungstechnik-Spezialist Norma wieder Licht am Ende des Tunnels. "Nach allem, was wir beurteilen und sehen können, ist die Talsohle durchschritten", betonte Konzernchef Michael Schneider im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Die Perspektiven für das laufende dritte Quartal seien besser, der zurückliegende Juni habe sich als Einzelmonat bereits gut entwickelt und auch im Juli sehe es gut aus, sagte Schneider am Mittwoch. "Das zweite Halbjahr dürfte daher deutlich besser werden", blickt der Manager voraus. Voraussetzung dafür sei, dass es wegen der Pandemie zu keinem zweiten Crash komme. Zudem erwägt Schneider den Abbau weiterer Jobs.

Im ersten Halbjahr hatte Norma rote Zahlen geschrieben. Unter dem Strich stand ein Verlust von 16,8 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 34,8 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Neben der Corona-Krise belasteten den Autozulieferer dabei auch hohe Umbaukosten. Der Umsatz sackte um über ein Fünftel auf 445 Millionen Euro ab. Schneider wertete den bisherigen Geschäftsverlauf als "absolutes Ausnahmejahr", das nicht repräsentativ sei. Eine Krise wie Corona habe der Konzern in der Vergangenheit nicht ansatzweise erlebt, stellte er klar.

Mit Blick auf die weiteren Perspektiven sieht der Konzernlenker Norma gut aufgestellt. So hob er etwa die positive Entwicklung im Wassermanagement-Geschäft in den USA hervor. Das Wassergeschäft sei ein strategischer Wachstumstreiber, von dem sich Norma auch in Zukunft positive Impulse verspreche. Schneider verwies zudem auf die wieder gestiegene Nachfrage nach Automobilprodukten in China. "Es gibt erste Lichtblicke", befand er.

Da das Unternehmen in der Krise über eine "gute Liquidität" verfüge und die laufenden Kostenmaßnahmen griffen, sei die Prognose für die Zukunft positiv. Für das laufende und weiter intensivierte Umbau- und Sparprogramm erwartet Schneider in diesem Jahr Einmalkosten in Höhe von 30 Millionen Euro, 22 Millionen davon seien im ersten Halbjahr bereits verbucht worden. In den nächsten drei Jahren rechnet der Manager mit jährlichen Kosten von 5 bis 10 Millionen Euro.

"Wir sehen schon jetzt Effekte unseres Programms und erste positive strukturelle Veränderungen", sagte Schneider, der ab dem Jahr 2023 jährliche Einsparungen von 50 Millionen Euro anpeilt. Dass der umfassende Umbau auch mit einer Veränderung der Norma-Standorte und damit mit Belastungen für die Mitarbeiter einhergeht, will der Vorstandsvorsitzende nicht verhehlen. "Wir prüfen unsere Standorte mit Blick auf Verbesserung der Produktionskapazitäten und mögliche Konsolidierungen. Und zwar in allen drei Regionen weltweit, in denen wir unterwegs sind", sagte Schneider.

Der Standort in Gerbershausen (Thüringen) soll demnach bis Mitte 2022 geschlossen werden, auch am Norma-Hauptsitz im hessischen Maintal bei Frankfurt sollen Arbeitsplätze wegfallen. "Wir planen, die Mitarbeiterzahl zu reduzieren, in Gerbershausen und teilweise auch in Maintal", sagte Schneider. "Das ist keine einfache Entscheidung und natürlich ein ganz sensibles Thema", räumte der Manager ein.

Vor dem Hintergrund von Überkapazitäten im Markt und der Schwäche der Autoindustrie sei der Personalabbau aber unumgänglich. In Thüringen geht es um 180 Arbeitsplätze derzeit, in Maintal stehen zirka 160 Jobs zur Diskussion. Seit Ende Dezember 2019 hat Norma global bereits rund 1000 Stellen abgebaut. Laut Schneider umfassen die Streichungen bislang 800 Leiharbeiter und 200 eigene Mitarbeiter. "Wir kommen im Hinblick auf unsere strategische, langfristige Ausrichtung nicht um einen weiteren Stellenabbau herum", räumte Schneider ein.

Er hatte den Posten an der Konzernspitze im vergangenen Jahr übernommen, nachdem sein Vorgänger Bernd Kleinhens ihn geräumt hatte. Bereits zuvor war Schneider als Finanzchef Mitglied des Norma-Vorstands. 2019 war ein schwieriges Jahr für den Konzern, schon vor der Corona-Krise hatten die Hessen die maue Autokonjunktur zu spüren bekommen und ihre Prognose mehrfach kappen müssen. Nun kommt auch noch die Pandemie hinzu.

"Corona hat uns alle unerwartet getroffen. Aber es ist eine tolle Aufgabe, unser Unternehmen gemeinsam neu auszurichten in schwieriger Zeit", unterstrich Schneider. "Langfristig ist Norma gut positioniert, unsere Wachstumsstrategie stimmt."/eas/men/fba