Basel (awp) - Novartis soll die US-Gesundheitsbehörde FDA laut Medienberichten zu spät über starke Nebenwirkungen von Zolgensma bei Tierversuchen in einer vorklinischen Studie informiert haben. Die FDA hatte am Mittwoch eine derzeit laufende klinische Studie mit Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren vorerst gestoppt.

Bei den Tieren sei es zu Entzündungen im Rückenmark gekommen, die manchmal von einer Degeneration oder von einem Verlust des neuronalen Zellkörpers begleitet gewesen seien, hatte Novartis am Mittwoch bekannt gegeben. Die Zolgensma-Entwicklerin Avexis, welche Novartis um vergangenen Jahr für 8,7 Milliarden Dollar übernommen hatte, habe bereits im März von diese Nebenwirkungen gewusst, schrieben das Branchenportal "Fierce Pharma" am Freitag und die Tamedia-Zeitungen am Samstag.

Avexis habe entschieden, die Probleme beim jährlichen Update im September den Behörden zu melden. Dabei sei ein Fehler gemacht worden und die Information sei nicht im Update enthalten gewesen, erklärten Novartis-Sprecher den beiden Medien. Die FDA sei erst Ende vergangener Woche informiert worden, schrieben die Tamedia-Zeitungen.

Avexis und mit ihr Novartis waren bereits im Sommer ins Visier der US-Zulassungsbehörde geraten. Die FDA warf dem Pharmakonzern vor, vor der Zulassung von Zolgensma manipulierte Testdaten verschwiegen zu haben und hat eine Untersuchung eingeleitet. Die Sicherheit des Mittels sieht die Behörde nicht beeinträchtigt, sie liess es auf dem Markt. Das Unternehmen hat die Manipulation eingeräumt und die beiden Forschungschefs von Avexis entlassen.

Teuerstes Medikament der Welt

Der Muskelschwund SMA (spinale muskuläre Atrophie) ist eine seltene genetische neuromuskuläre Erkrankung. Sie betrifft den Teil des Nervensystems, der die willkürliche Muskelbewegung kontrolliert. Patienten, die an SMA Typ 2 leiden, können laut Novartis-Angaben nie ohne Unterstützung laufen und brauchen häufig einen Rollstuhl.

Der Studienstopp betrifft die Verabreichung von Zolgensma in einer hohen Dosis in das Nervenwasser im Bereich des Rückenmarks (Intrathekale Verabreichung). Dagegen sind die Studien mit mittlerer und niedriger Dosierung bereits abgeschlossen.

Der Konzern erhofft sich von dem Medikament Milliardenumsätze. Bereits zugelassen ist die Therapie von Novartis für Kinder bis zu einem Alter von zwei Jahren durch eine intravenöse Verabreichung. Mit einem Preis von 2,1 Millionen Dollar pro Einzeldosis ist Zolgensma das teuerste Medikament der Welt.

jb/