Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd, an der das Touristikunternehmen aus Hannover seit vielen Jahren beteiligt war und zuletzt nur noch den richtigen Zeitpunkt für einen Ausstieg gesucht hatte, rückt bei Anlegern damit stärker ins Rampenlicht. Denn durch den Verkauf der TUI-Anteile von zuletzt noch rund 7,9 Prozent erhöht sich der Streubesitz des Hamburger Traditionskonzerns. Hapag-Lloyd hofft nun auf einen Aufstieg in den MDax für mittelgroße Unternehmen, womit das Papier stärker das Interesse professioneller Anleger auf sich ziehen würde.

Am Dienstag kletterte die Aktie um 9,4 Prozent auf 32,3 Euro, der höchste Stand seit Ende 2015. Börsianer begründeten den Kursanstieg damit, dass die Unsicherheit über den lange erwarteten Verkauf der Anteile nun beendet sei. "Die drohende Platzierung des TUI-Anteils hing wie ein Damokles-Schwert über der Aktie", sagte ein Händler. TUI hatte sich seit März von Hapag-Lloyd-Anteilen getrennt. Der Verkauf brachte insgesamt 395 Millionen Euro ein. Das Geld will der Konzern in den Ausbau des Touristik-Geschäfts mit Schwerpunkt auf die eigenen Hotel- und Kreuzfahrtmarken stecken und seine Bilanz stärken.

LANGSAME ERHOLUNG

Der Kurs der Hapag-Lloyd-Aktie hatte schon seit einiger Zeit zugelegt, weil sich die Branche nach Jahren der Krise langsam berappelt und die Frachtraten auf wichtigen Routen anziehen. Hinzu kam zuletzt die angekündigte Fusion der Containerreederei Cosco Shipping mit dem kleineren Rivalen Orient Overseas International. Die beiden asiatischen Reedereien liefern sich künftig ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit CMA CMG aus Frankreich um Rang drei unter den weltgrößten Containerriesen. Für Investoren ist dies ein Signal, dass die Konsolidierung in der seit Jahren unter Überkapazitäten und sinkenden Frachtpreisen leidenden Branche voranschreitet. Die Experten der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser zählen Hapag-Lloyd zu den Hauptnutznießern der Erholung. Die Hanseaten waren durch die Übernahme der arabische Reederei UASC auf Rang fünf der größten Containerredereien aufgestiegen. Davor hatte Hapag-Lloyd bereits die Containersparte der chilenischen Reederei CSAV geschluckt. Inzwischen kontrollieren die sechs größten Anbieter mehr als 60 Prozent des Weltmarktes.

Durch Zusammenschlüsse und Allianzen können die Reedereien ihre Transportkapazitäten besser ausnutzen und senken so die Stückkosten. Der Druck, sich gegenseitig bei den Frachtpreisen zu unterbieten, lässt dadurch nach. So lautet zumindest die dahinter steckende Logik. Kaum ein Schifffahrtsexperte schließlich derzeit jedoch aus, dass der Preiskampf erneut ausbricht, wenn das Wachstum der Weltwirtschaft wieder einbricht.

Branchenexperten halten daher weitere Zusammenschlüsse für wahrscheinlich. Als wahrscheinliche Partner gelten die beiden taiwanesischen Reedereien Evergreen und Yang Ming. Nach Daten des Branchendienstes Alphaliner würden sie zusammen Hapag-Lloyd bei der Containerkapazität überflügeln. Die Hamburger haben bereits deutlich gemacht, dass weitere Übernahmen derzeit nicht geplant seien. Zuerst müsse der Zusammenschluss mit UASC verdaut sein, hat Vorstandschef Rolf Habben-Jansen mehrfach betont.

WECHSELVOLLE GESCHICHTE

Für Hapag-Lloyd endet mit der Trennung von der TUI ein turbulentes Kapitel ihrer Geschichte. Die Preussag beteiligte sich einst unter Konzernchef Michael Frenzel an den Hamburgern, um an deren Anteil von 30 Prozent an der TUI zu kommen. Daraus sollte später Europas größter Touristikkonzern werden. Als die Reederei NOL aus Singapur später Hapag-Lloyd übernehmen wollte, gab die TUI die Mehrheit an ein Konsortium um die Stadt Hamburg und den Logistikunternehmer Klaus Michael Kühne ab, die einen Verkauf von Hapag-Lloyd verhinderten. Danach verringerte die TUI ihren Anteil schrittweise. Bis zur endgültigen Trennung von Hapag-Lloyd vergingen allerdings mehrere Jahre.