Die Zukunft von Osram mit seinen Lichtlösungen steht derzeit in den Sternen. Nach der gescheiterten Übernahme durch den Sensorspezialisten AMS dürfte der Bieterkampf um den angeschlagenen Konzern weitergehen, auch wenn die Geschäfte alles andere als rosig laufen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, wie Experten aufzeigen. Was bei Osram los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI OSRAM:

Nach der Abspaltung von Siemens im Jahr 2013 hat sich Osram von dem als weniger attraktiv geltenden Geschäft mit klassischen Leuchtmitteln verabschiedet. Der Fokus liegt seither auf Spezialanwendungen vor allem im LED-Bereich, wo man sich mit Auto- und Smartphone-Herstellern als wichtigste Kunden neuerdings in schwierigerem Fahrwasser bewegt. Mehrfach musste das Management bei den Gewinnprognosen zurückrudern, zuletzt im März 2019.

Der Aktienkurs ist vor diesem Hintergrund schon länger unter Druck, was Osram in den Fokus von Finanzinvestoren rücken ließ, die die Chance witterten, zu einem attraktiven Preis an ein für sie interessantes Geschäftsmodell zu gelangen. So boten die Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle gemeinsam 35 Euro je Aktie. Dann aber funkte der österreichische Chipkonzern AMS dazwischen mit einer Offerte von letztendlich 41 Euro je Anteilsschein. Bain klopfte derweil beim Finanzinvestor Advent als neuen Partner an. Zu einer konkreten Offerte kam es von den beiden bislang aber nicht.

AMS wollte mit Osram einen europäischen Weltmarktführer in der Beleuchtungselektronik aufbauen, die Rolle als möglicher neuer Eigentümer war jedoch von Beginn an umstritten - unter anderem wegen der Finanzkraft der Österreicher, die 2018 nicht einmal halb soviel Umsatz machten wie Osram. Letztlich verweigerten zu viele Aktionäre ihre Zustimmung. AMS erreichte im Oktober die Annahmeschwelle für die Offerte von 62,5 Prozent nicht.

Im Zuge der Akquisitionspläne baute AMS aber über die Börse bereits eine Beteiligung von knapp 20 Prozent auf. AMS hat nun mehrere Optionen: Zwar darf nach den Gesetzesregeln ein Jahr lang keine weitere freiwillige Offerte vorgelegt werden, es sei denn, Osram stimmt dieser ausdrücklich zu. Vorbehaltlich regulatorischer Freigaben könnten aber weitere Anteile zugekauft werden, sodass beim Erreichen der 30-Prozent-Schwelle ein Pflichtangebot an alle Aktionäre erforderlich wäre.

Im Raum steht aber auch eine Offerte durch Bain Capital und Advent, allerdings könnte den beiden die Rolle von AMS als neuer Ankeraktionär ein Dorn im Auge sein. Bereits bei 25,1 Prozent würde AMS eine Sperrminorität erlangen, mit der wichtige Entscheidungen bei Osram blockiert werden können. Solange die wettbewerbsrechtlichen Freigaben fehlen, wollen die Österreicher ihren Anteil aber vorerst nicht erhöhen. Als Alternative werden erste Gespräche über eine mögliche künftige Zusammenarbeit geführt.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Analyst Peter Reilly vom Analysehaus Jefferies bewertete das aufgekommene Interesse zuletzt als "Beleg für die Werthaltigkeit des Unternehmens". Daniel Cunliffe von Investmenthaus Liberum stellte in der Frühphase des Übernahmekampfs vor allem enormes Geschäftspotenzial mit dem Trendthema Internet-der-Dinge in Aussicht.

Diverse Experten, darunter die NordLB und das Bankhaus Metzler, hatten den Anlegern vor dem Angebotsende noch zur Annahme der AMS-Offerte geraten. Da viele Aktionäre dem jedoch nicht folgten, ist es nun nach Ansicht von NordLB-Analyst Wolfgang Donie völlig offen, wie es mit Osram weitergeht. Neben einer neuen Offerte durch die Finanzinvestoren oder einem Pflicht-Übernahmeangebot durch AMS sei auch ein Erhalt der Selbstständigkeit von Osram denkbar.

Mit einem besseren Übernahmeangebot durch eine Beteiligungsgesellschaft wie Bain rechnet Analyst Sebastian Growe von der Commerzbank wegen der AMS-Beteiligung nicht. Zwar könnten die Österreicher einen weiteren Vorstoß wagen, doch auf kurze Sicht glaubt der Commerzbank-Experte eher an eine Kooperation. Ähnlich sieht es Sven Diermeier von Independent Research, da AMS nun quasi über eine Sperrminorität verfüge - und im Gegensatz zu den Finanzinvestoren auch Synergien einkalkulieren könne.

Börsianer sehen daher nun vor allem AMS unter Zugzwang. Schwindet die Übernahmefantasie oder kommen Anteile der Österreicher sogar wieder auf den Markt, könnte die Aktie unter Druck geraten. In diesem Falle würden die im AMS-Besitz befindlichen Anteile mit an Wert verlieren. "Ein tieferer Osram-Kurs kann dann aufgrund der Beteiligung, die unter anderem über Kredit finanziert wurde, viel Geld kosten", so ein Marktexperte.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Osram-Aktien haben seit dem Börsengang 2013 einen starkes Auf und Ab hinter sich, schafften es dabei aber vom Anfangstief um die 23 Euro bis Anfang 2018 auf ein Hoch von fast 80 Euro. Im Sog mehrerer Gewinnwarnungen brach der Kurs anschließend immer weiter ein. Selbst erste Spekulationen über ein Interesse von Finanzinvestoren ab Spätherbst 2018 führten nur zu einer kurzzeitigen Stabilisierung. Nach einem Kursrutsch um rund zwei Drittel ausgehend vom Rekordhoch fanden die Papiere dann im Juni 2019 einen Boden um die 25 Euro.

Immer konkretere Übernahmespekulationen, der Verkauf des schwächelnden Leuchtengeschäfts und schließlich der Übernahmekampf zwischen Bain und Carlyle auf der einen, und AMS auf der anderen Seite, trieben den Kurs seither immer weiter an. Anfang Oktober - kurz vor dem Scheitern der AMS-Offerte - wurde dann sogar wieder die Marke von 41 Euro geknackt.

Der Kursrutsch nach dem Aus für das AMS-Gebot hielt sich in Grenzen: Die Papiere stabilisierten sich um die 38 Euro - auch weil noch reichlich Übernahmefantasie im Kurs steckt. Osram bringt es damit aktuell an der Börse auf eine Marktkapitalisierung von rund 3,7 Milliarden Euro./tih/eas/mis