(Neu: Einordnung, aktueller Kurs)

STUTTGART (dpa-AFX) - Der Bausoftwarehersteller RIB Software steht vor einer neuen Epoche. Der 62-jährige Vorstandschef Tom Wolf, der mit seiner Familie mit einem Anteil von knapp 17 Prozent auch Großaktionär ist, leitete seinen Abschied ein. Er will seinen Vertrag nicht über das Jahr 2022 hinaus verlängern. Bis dahin will er eine neue Strategie für das Unternehmen erarbeiten und führt deswegen auch schon erste Gespräche mit strategischen oder Finanzinvestoren. Dies teilte das Unternehmen am Mittwoch vor Börsenstart mit. Wolf, der dem Unternehmen seit 2009 vorsteht, bekräftigte die Aussagen in einem Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittag noch einmal und trieb damit den Kurs der Aktie nach oben.

Zudem erhöhte das Unternehmen wegen eines starken Geschäfts im Juli die Prognose für das laufende Jahr. Den Umsatz für 2019 sieht RIB Software jetzt bei 200 bis 220 (2018: 137) Millionen Euro statt 180 bis 200 Millionen Euro wie bisher, auch wegen weiterer möglicher Zukäufe. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet das Unternehmen bei 45 bis 50 Millionen Euro, zuvor waren es 36 bis 46 Millionen Euro. 2018 hatte RIB Software operativ knapp 39 Millionen Euro verdient.

Weil die Umstellung vom Lizenzerlösmodell auf Software zur Miete zunächst weniger große Einmalbeiträge brachte, fiel das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen April und Ende Juni im Jahresvergleich jedoch um rund drei Prozent auf 8,7 Millionen Euro Würde der positive Effekt einer Bilanzierungsänderung herausgerechnet, wäre das Ergebnis sogar um fast ein Fünftel gesunken. Allerdings wuchsen die Umsätze insgesamt dank des brummenden Cloudgeschäfts rasant um die Hälfte auf 46,1 Millionen Euro.

Der auf die Aktionäre entfallende Nettogewinn sackte im zweiten Quartal unter anderem auch wegen hoher Kosten für Werbung und Vertrieb von 3,1 Millionen Euro vor einem Jahr auf knapp 0,5 Millionen Euro ab. RIB Software investiert derzeit viel, um Kunden von fest installierten Programmen auf Software aus dem Internet umzustellen. An der Börse spielten die Quartalszahlen aber kaum eine Rolle - hier standen vor allem die Spekulationen um den Ausstieg der Familie Wolf und eine mögliche Übernahme im Fokus.

Nahrung haben diese Spekulationen vor allem ab Mittag bekommen, nachdem Wolf in einem Telefoninterview mit Bloomberg gesagt hatte, dass er mit Investoren über die neue Strategie spricht. Die kurz vor dem Interview noch im Minus stehende Aktie drehte ins Plus und gewann zuletzt rund acht Prozent auf 19,47 Euro. Das Papier baute damit die jüngsten Kursgewinne aus und war so teuer wie seit Herbst 2018 nicht mehr. Ende des vergangenen Jahres war das Papier im Zuge der allgemeinen Schwäche von Technologiewerten auf Kurse unter der Marke von 10 Euro abgestürzt. Das Unternehmen ist damit auch wieder etwas mehr als eine Milliarde Euro wert./men/zb/fba