(Neu: Aktueller kurs)

BERLIN/SEOUL (dpa-AFX) - Der Essenslieferant Delivery Hero baut sein Geschäft in Asien mit einer milliardenschweren Übernahme aus. Das im MDax notierte Unternehmen hat sich 82 Prozent des südkoreanischen Unternehmens Woowa gesichert, wie es am Freitag in Berlin mitteilte. Um den Deal zu finanzieren, plant Delivery Hero auch eine Kapitalerhöhung. Doch trotz der Ausgabe neuer Aktie, die üblicherweise erst einmal auf den Kurs drückt, kam der Zukauf an der Börse gut an - die Marktkapitalisierung von Delivery Hero zog um ein Fünftel auf den Rekordwert von etwas mehr als elf Milliarden Euro an. Experten stuften den Schritt als strategisch sinnvoll ein.

Weitere Woowa-Eigner können ihre Anteile noch zu gleichen Bedingungen einreichen, dann würde Delivery Hero sogar 88 Prozent an Woowa besitzen, hieß es weiter. Die verbleibenden 12 Prozent an Woowa kann Delivery im Laufe von zwei bis vier Jahren gegen Delivery Hero-Aktien erwerben. Alle Anteile an Woowa will Delivery Hero in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Singapur einbringen, das zusammen mit den Mitgliedern des Managements von Woowa gegründet werden soll.

Woowa wird bei dem Deal den Angaben zufolge insgesamt mit vier Milliarden US-Dollar (3,6 Mrd Euro) bewertet. Delivery will bis zu 1,7 Milliarden Euro in bar und bis zu rund 1,9 Milliarden Euro in neuen Delivery-Hero-Aktien auf den Tisch legen. Dafür will Delivery eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre durchführen. Die Transaktion soll im zweiten Halbjahr 2020 abgeschlossen werden.

Der Vertrag wurde mit den bisherigen Eigentümern - einer Reihe von Finanzinvestoren wie Goldman Sachs, Hillhouse Capital und Sequoia Capital China - unterzeichnet, wie aus einer via E-Mail verschickten Mitteilung von Woowa hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Bloomberg vorliegt. Woowa betreibt der Delivery-Mitteilung zufolge mit Baedal Minjok den größten Online-Essenslieferservice in Südkorea, der im dritten Quartal auf rund 100 Millionen Bestellungen kam. Auch in Vietnam ist das Unternehmen aktiv. 2018 kam das Unternehmen in Korea umgerechnet auf einen Umsatz von 242 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten 2019 waren es bereits 301 Millionen Euro.

Der Umsatz soll laut Angaben von Ende Oktober nun zwischen 1,44 und 1,48 Milliarden Euro liegen. Zuvor war Delivery Hero noch von einem Wert am oberen Ende der zuletzt angepeilten Spanne von 1,3 bis 1,4 Milliarden ausgegangen. Auch beim bereinigten Jahresverlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wurde Delivery Hero damals etwas konkreter. Dieser solle am unteren Ende der zuvor festgelegten Spanne von 370 Millionen Euro bis 420 Millionen Euro liegen. Das Geschäft in Europa soll zudem mit Blick auf das bereinigte Ebitda im vierten Quartal die Gewinnschwelle erreichen.

Das Unternehmen mit Sitz in Berlin ist in Deutschland selbst nicht mehr als Essenslieferant aktiv, nachdem das Geschäft hierzulande mit Marken wie Foodora, Lieferheld oder Pizza.de an den niederländischen Rivalen Takeaway für 930 Millionen Euro verkauft wurde. Takeaway ist der Eigentümer von Lieferando. Delivery Hero hatte zuletzt mehr als die Hälfte des Umsatzes in Nahost und Nordafrika (MENA) erwirtschaftet. In Asien hatte Delivery Hero knapp 30 Prozent des Geschäfts gemacht. In Europa ist das Unternehmen mit rund 22 000 Mitarbeitern vor allem noch im Norden und Südosten aktiv.

Delivery Hero wurde 2011 gegründet und unter anderem auch vom Start-up-Brutkasten Rocket Internet mitfinanziert. Im Sommer 2017 wurde das Unternehmen an die Börse zu 25,50 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Nach einem Zwischenhoch von Kursen über der Marke von 50 Euro im Sommer 2018 sackte das Papier zwischenzeitlich wieder unter 30 Euro ab. In diesem Jahr ging es aber - befeuert von guten Ergebnissen und erhöhten Prognosen - stetig nach oben.

Mit dem Kursanstieg am Freitagvormittag um bis zu 21 Prozent auf 60,48 Euro summiert sich das Plus in diesem Jahr bereits auf fast 90 Prozent. Das Papier ist damit einer der größten Gewinner im MDax seit Ende 2018. Rocket Internet hat von dem jüngsten Kursanstieg nichts mehr - das Unternehmen hatte seine Beteiligung an Delivery Hero von rund 35 Prozent vor dem Börsengang peu a peu abgebaut. Größter Anteilseigner an Delivery Hero ist der südafrikanische Internet-Beteiligungskonzern Naspers, der rund 22 Prozent der Anteile hält./zb/stk/stw/jha/mis