(Berichtigt wird im letzten Absatz die Funktion von Frank Weigand. Weigand ist Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG und nicht der RWE AG.)

ERKELENZ (dpa-AFX) - Mehrere Tausend Menschen haben sich am Wochenende an Protesten für mehr Klimaschutz im rheinischen Braunkohlerevier beteiligt. Nach Angaben der Initiative Ende Gelände waren an den drei Tagen rund 6000 Menschen an Blockaden des Tagebaus Garzweiler und von Bahnlinien zu zwei Braunkohlekraftwerken beteiligt. Am Freitag hatte es eine von der Bewegung Fridays for Future organisierte Demonstration in Aachen mit 40 000 Teilnehmern gegeben. Die Schülerbewegung demonstrierte weitestgehend friedlich. Am Samstag folgte eine weitere Demonstration mit nach Angaben der Organisatoren rund 8000 Teilnehmern. Die Aachener Polizei äußerte sich nicht zur Zahl der Teilnehmer.

Seit Freitag war die Polizei mehr als 48 Stunden lang im Dauereinsatz. Höhepunkt war der Sturm mehrerer Hundert Klimaschützer am Samstag in den Braunkohle-Tagebau Garzweiler. Vielfach wurden Aktivisten von dem Betriebsgelände des Energieversorgers RWE entfernt. Die Räumung des Tagebaus, von Bahngleisen zwischen den Kraftwerken Neurath und Niederaußem und eines besetzten Hauses in der vom Tagebau bedrohten Ortschaft Morschenich dauerte bis Sonntagnachmittag.

Katrin Henneberger, Sprecherin der Initiative Ende Gelände, bestätigte den Abzug. "Am Morgen war es kurz zu einer Eskalation mit der Polizei gekommen. Die Beamten hatten eine Gruppe eingekesselt, obwohl alle Beteiligten wie verabredet und angekündigt gegen 10.00 Uhr den Bereich räumen wollten", sagte Henneberger der Deutschen Presse-Agentur.

Nach offiziellen Angaben vom Samstag wurden acht Beamtinnen und Beamte verletzt, als Demonstranten teils mit Gewalt Sperren durchbrachen. Die Behörde habe auch von Berichten zu verletzten Demonstranten gehört, die hätten sich aber nicht bei der Polizei gemeldet, sagte eine Sprecherin. Insofern habe man keine gesicherten Informationen und Zahlen. Auch gebe es noch keine exakten Angaben, wie viele Demonstranten in Gewahrsam genommen wurden. In Jackerath hatte es am Samstagabend den Versuch einer Gefangenenbefreiung gegeben.

Trotz Warnungen vor Lebensgefahr und aller Appelle waren Demonstranten auch die Abbruchkanten am Tagebau rauf- und runtergeklettert. Die Polizei ermittelt wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs, Gefangenenbefreiung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Hinweise auf Straftaten seitens der Polizei würden geprüft, sagte eine Polizei-Sprecherin am Sonntag. Vereinzelt waren auf Videos im Internet Schläge ins Gesicht von Demonstranten bei Räumungen zu sehen.

Viele Beteiligte gehören zum Bündnis Ende Gelände, das mit Aktionen des zivilen Ungehorsams für einen sofortigen Kohleausstieg in Deutschland und für Klimagerechtigkeit weltweit eintritt.

"Wir haben dieses Wochenende Klima-Geschichte geschrieben. Noch nie war die Bewegung so vielfältig und noch nie waren wir so entschlossen", sagte Nike Malhaus, Pressesprecherin von Ende Gelände laut Mitteilung. "Denn die Zeit drängt: Die Klimakrise erfordert einen sofortigen Kohleausstieg. Weil die Politik versagt, haben wir selbst dafür gesorgt, dass die Kohle-Bagger stillstehen."

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) übte scharfe Kritik an den Blockaden. "Mein Dank gilt den Polizistinnen und Polizisten, die unter extrem schwierigen Bedingungen professionell und besonnen im Einsatz waren" sagte der Minister am Sonntag. "Demgegenüber stehen die gewalttätigen Aktionen aus den Reihen von Ende Gelände. Einerseits hehre Ziele in einem Aktionskonsens verkünden und sich dann daran nicht halten, ist entlarvend. Damit haben sie sich selbst und Polizisten in Gefahr gebracht."

RWE zeigte zum Ende des Aktionswochenendes kein Verständnis und nannte das Eindringen der Aktivisten in einer Mitteilung "unverantwortlich und widerrechtlich". Ein Plan für den Kohleausstieg liege auf dem Tisch und es gebe keinen Grund, Menschen zu gefährden, sagte der RWE-Power-Vorstandsvorsitzende Frank Weigand. "Wir respektieren selbstverständlich das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Proteste wie die von Fridays for Future", sagte Weigand. Aber es sei nicht akzeptabel, unter dem Deckmantel des Klimaschutzes vorsätzlich Rechtsbrüche zu verüben./lic/DP/men