MADRID (dpa-AFX) - Das Gesetz zum Kohleausstieg verzögert sich nach Angaben des Bundesumweltministeriums voraussichtlich um eine weitere Woche - aber die Ministerien seien untereinander einig. Wenn kein Wunder geschehe, werde das Gesetz an diesem Mittwoch noch nicht im Kabinett verabschiedet, sondern "aller Voraussicht nach" in der Woche darauf, sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Montag in Madrid am Rande der UN-Klimakonferenz.

Wirtschafts-, Finanz- und Umweltministerium seien sich "in allen Fragen des Kohleausstiegsgesetzes einig". Darin soll geregelt werden, wie Deutschland die Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle beendet. Der Ausstieg ist bis spätestens 2038 geplant. Es gehe jetzt noch um die Verhandlungen des Bundes mit Braunkohle-Unternehmen über Entschädigungen, sagte Flasbarth. Wenn das abgeschlossen sei, könne der Braunkohle-Teil in das Gesetz eingefügt werden. Er sei zuversichtlich, "dass wir das vor Weihnachten haben".

Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der bei dem Gesetz die Federführung hat, sagte, man arbeite mit Hochdruck an der Fertigstellung des Entwurfs. Die Abstimmung dazu laufe, Zwischenstände kommentiere man nicht.

Die umstrittenen Regelungen zum Mindestabstand von Windrädern zu Wohnsiedlungen bleiben dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium zufolge voraussichtlich ausgenommen. Die Diskussion darüber habe sich als schwieriger herausgestellt als anfänglich absehbar, sagte er. Einige Eckpunkte zur Energiewende - etwa das Ziel, bis 2030 den Ökostrom-Anteil auf 65 Prozent zu steigern - könnten enthalten sein, das sei aber nicht sicher.

Klar ist nach Flasbarths Aussage, wie mit den CO2-Emissionsrechten umgegangen wird, die durch den deutschen Kohleausstieg in der EU frei werden: "Die Zertifikate werden gelöscht", sagte er. Das gelte für diejenigen, die nach Anwendung der sogenannten Marktstabilitätsreserve übrig blieben. Das ist ein komplizierter Mechanismus, der überschüssige Emissionsrechte für die Energiewirtschaft und Teile der Industrie aus dem Markt nehmen soll.

Die Löschung ist wichtig, weil sonst das Kohlendioxid (CO2), das in Deutschland mit dem Abschalten von Kohlekraftwerken eingespart wird, einfach anderswo in der EU ausgestoßen werden könnte, und der Klimaschutz nicht vorankäme - Umweltschützer hatten bemängelt, dass dazu nichts im Gesetzentwurf stehe.

Das neue Steinkohlekraftwerk Datteln IV des Energiekonzerns Uniper werde seiner Einschätzung nach trotz des deutschen Kohleausstiegs ans Netz gehen, sagte Flasbarth. Das sei zwar schwer zu erklären in einer Welt, in der vom UN-Generalsekretär bis zur Bewegung Fridays for Future alle ein Ende der Stromgewinnung aus Kohle forderten. Er halte es aber trotzdem für "vertretbar", weil man sich im Kohlekompromiss darauf geeinigt habe, eine bestimmte Leistung zu festen Zeitpunkten aus dem Netz zu nehmen. Wenn Datteln ans Netz gehe, müssten andere Kraftwerke dafür raus.

Umweltverbände reagierten verärgert: "Das wäre ein Armutszeugnis und untergräbt einmal mehr die Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung in Sachen Klimaschutz", sagte BUND-Chef Olaf Bandt. "Mit Datteln IV würde die Bundesregierung den Kohlekompromiss begraben." Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser sagte, das sei ein "Schlag ins Gesicht" der Staaten auf der UN-Klimakonferenz, die schon jetzt bedroht seien von den Folgen der Erderwärmung./ted/DP/stw