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FRANKFURT (dpa-AFX) - Mitten in der Feriensaison drohen Reisenden Flugausfälle und lange Warteschlangen an den Flughäfen: Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo hat Streiks bei der Lufthansa und ihren Töchtern Eurowings und Germanwings angekündigt. "Der Chaos-Sommer, der uns letztes Jahr beglückt hat, wird dieses Jahr wahrscheinlich nochmal größer", sagte Daniel Flohr, stellvertretender Ufo-Vorsitzender, am Donnerstag in Frankfurt. Die Streiks der Kabinenmitarbeiter in Deutschland sollten im Juli beginnen. Die Lufthansa reagiert mit Unverständnis und beschwichtigt.

Zu spüren sein werden die Auswirkungen des Arbeitskampfs laut Ufo zuerst bei Eurowings und Germanwings. Dort werde es so schnell wie möglich eine Urabstimmung geben. Bei der Lufthansa werde sich dies "um ein paar Wochen" verzögern. "Am Ende dieser Urabstimmungen werden wir konkret verkünden, wann, wo und wie lange Arbeitskämpfe stattfinden werden", sagte Flohr. Er warf der Lufthansa vor, die Eskalation zu suchen. "Die Strategie des Konzerns steht in Frage."

Die Lufthansa teilte hingegen mit: "Einen Streik kann es nicht geben, da es derzeit weder offene Tarifverträge noch konkrete Forderungen gibt." Im Hintergrund steht ein seit Monaten währender Streit: Ufo hatte Tarifverträge mit der Lufthansa bereits im März gekündigt, das Unternehmen hat diese Kündigungen jedoch nicht anerkannt.

Am Finanzmarkt war die Reaktion auf die Streikdrohung klar negativ. Lufthansa-Aktien gehörten mit einem Minus von 0,56 Prozent auf 14,975 Euro zu den wenigen Verlierern im freundlichen Dax. Die Lufthansa-Papiere waren nach der Gewinnwarnung auf ein Mehrjahrestief von 14,85 Euro gefallen. 2019 sind sie mit einem Minus von fast 24 Prozent der schwächste Wert im Dax.

Die Lufthansa steht aktuell unter einem enormen Wettbewerbsdruck durch Billigflieger wie Ryanair und Easyjet, die versuchen dem Dax-Konzern Marktanteile abzuringen. Dieser Wettbewerb drückt auf die Ticketpreise. Erst vor wenigen Tagen hatte die Lufthansa ihre Gewinnziele zusammengestrichen.Vor diesem Hintergrund dürfte der Kostendruck zunehmen.

"Wir stehen zur Tarifpartnerschaft", hieß es nun von Lufthansa weiter. "Hierzu brauchen wir einen zuverlässigen Tarifpartner, um gemeinsam Lösungen im Sinne der Mitarbeiter und des Unternehmens zu erarbeiten. Derzeit ist für uns nicht erkennbar, wann und wie Ufo ihrer Rolle als berechenbarer, konstruktiver Tarifpartner wieder gerecht werden kann. Daher finden aktuell keine Gespräche statt."

Auch Eurowings verwies auf die nach ihrer Darstellung unklare Lage bei Ufo. Es solle geklärt werden, wer bei der Gewerkschaft überhaupt vertretungsberechtigt ist. "Aufgrund interner Machtkämpfe bei der Gewerkschaft hat die Lufthansa Group entschieden, konzernweit weitere Gespräche mit der Ufo vorerst ruhen zu lassen. An diese Konzernweisung sind wir selbstverständlich gebunden."

Aus Ufo-Sicht ist allerdings insbesondere die Auseinandersetzung mit Eurowings ungewöhnlich, da fertige Tarifverträge dort bereits vorlägen. "Wir werden in der absurden Situation sein, dass wir für fertige Tarifergebnisse, die nicht mal mehr verhandelt werden müssten, auf die Straße gehen", sagte Flohr. "Das ist, zumindest mal nach meiner Erinnerung, einmalig in dieser Republik, allerdings ist es der einzige Weg, den wir zu diesem Zeitpunkt noch sehen." Im Statement von Eurowings hieß es, man sei mit Ufo für zwei Tarifverträge in "fortgeschrittenen Verhandlungen" gewesen.

Unruhe gibt es währenddessen auch bei den Eurowings-Piloten auf Mallorca. Die spanische Pilotenvereinigung SEPLA warnte, Urlaubern stehe angesichts stockender Gehaltsverhandlungen "eine ungewisse An- und Abreise" auf die Insel bevor, wenn das Verhandlungsfinale am 27. Juni nicht positiv verlaufe. Nach monatelangen Gesprächen seien die Fronten zwischen den Piloten und Eurowings verhärtet.

Eurowings teilte dazu mit, man sei in "konstruktiven Verhandlungen" mit SEPLA und der Kabinen-Gewerkschaft Stavla. "Wir werden beiden Sozialpartnern zeitnah ein neues Angebot mit verbesserten Vergütungs- und Einsatzbedingungen unterbreiten und gehen aktuell davon aus, dass uns auf Basis dieses Angebotes ein gemeinsamer Abschluss gelingt."

Die Ufo-Vorsitzende Sylvia de la Cruz warf der Lufthansa jedoch vor, das Thema Sozialpartnerschaft unabhängig von der zuständigen Gewerkschaft immer mehr in Frage zu stellen. Das zeige auch die Auseinandersetzung in Spanien. "Insofern ist das kein isoliertes Ufo-Thema, sondern es scheint eine groß angelegte Strategie der Lufthansa zu sein, mit den Sozialpartnern anders umzugehen."

Cruz sagte weiter, Ufo lasse jeden ihrer Schritte nun rechtlich prüfen - das dauere mit Blick auf Streiks bei der Lufthansa-Mutter etwas länger als bei den Töchtern. "Es geht darum, unsere Forderungen durchzusetzen und wieder an den Verhandlungstisch zu kommen."

Die Lufthansa-Aktien zählten am Donnerstag angesichts der Streiksorgen mit einem Minus von 0,60 Prozent zu den wenigen Verlieren im Dax. Der Konzern steht unter enormem Wettbewerbsdruck durch Billigflieger wie Ryanair und Easyjet. Erst vor wenigen Tagen hatte die Lufthansa-Führung wegen eines harten Preiskampfs auf den Europastrecken ihre Gewinnziele zusammengestrichen und die Aktie damit auf Sinkflug geschickt.

So musste sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr von seinem Ziel verabschieden, die Billigtochter Eurowings in diesem Jahr im laufenden Geschäft an die Gewinnschwelle zu führen. Im vergangenen Jahr hatte die Tochter wegen der holprigen Übernahme großer Teile der pleite gegangenen Air Berlin operativ bereits rote Zahlen geschrieben.

Auch jetzt sinken die Betriebskosten bei Eurowings aus Sicht der Konzernführung nicht schnell genug, was angesichts fallender Ticketpreise für das Unternehmen noch dringlicher wird. Das Management hat weitere Schritte beschlossen, um die Ziele zu erreichen. Details will der Konzern in Kürze veröffentlichen. Am Montag (24. Juni) veranstaltet die Lufthansa einen Kapitalmarkttag in Frankfurt. Die Kostensenkungen dürften auch dort im Fokus stehen./cwe/DP/jha