BERLIN (dpa-AFX) - Grüne Skigebiete, gefährdete Urlaubsparadiese: Der Klimawandel bedroht den Tourismus, aber das Reisen bedroht auch das Klima. "Wir stecken in einem Dilemma, weil wir Opfer und Täter gleichermaßen sind", sagte Michael Frenzel, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft, am Montag in Berlin. Einschränkungen und Verbote für Urlauber aber lehnte er ab. Deutschland solle stattdessen in Forschung investieren, etwa in klimaschonende Antriebe mit synthetischen Kraftstoffen. Nachhaltige Urlaubsangebote müssten für die Kunden sichtbarer werden.

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber forderte dagegen entschiedenes Handeln. Alle Branchen müssten 2050 CO2-neutral wirtschaften, sonst werde das Ziel verfehlt, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. "Im Kurz- und Mittelstreckenbereich sollte das Fliegen ganz verschwinden, so schön es auch ist", sagte Schellnhuber. Den Kunden könne auch nicht jedes Urlaubsziel auf Dauer zum Niedrigpreis angeboten werden.

Der Forscher konfrontierte die Tourismuswirtschaft bei einer Tagung mit Szenarien zur Erderwärmung. Bei einem weiteren Abschmelzen der Polkappen bedrohen steigende Meeresspiegel demnach auch zahlreiche Urlaubsziele. Die Branche müsse sich möglichst schnell auf einen klimaneutralen Pfad begeben, etwa durch mehr Kompensation in Waldprojekten.

Branchenpräsident Frenzel sagte, es sei gut, dass die Fluggastzahlen weiter steigen. Reisen dürfe nicht wieder zum Luxusgut werden. "Wir brauchen das klare politische Ziel, Klimaschutz und Freiheit unter einen Hut zu bringen - und damit auch Reisefreiheit." Er lehnte das Vorhaben der Bundesregierung ab, die Luftverkehrssteuer zu erhöhen. Diese werde Verkehr ins Ausland verlagern und schwäche die Investitionskraft der Unternehmen.

"Luftverkehr und Kreuzfahrten sind zwei Achillesfersen des Tourismus", gestand Frenzel zu. Sie arbeiteten aber schon an nachhaltigen Lösungen. Aida-Präsident Felix Eichhorn verwies darauf, dass sein Unternehmen ein erstes erdgasbetriebenes Kreuzfahrtschiff in Dienst gestellt hat und an emissionsfreien Antrieben arbeite.

DER-Touristik-Chef Sören Hartmann sagte, Kunden seien bereit, für nachhaltigen Urlaub zu bezahlen, sofern die Angebote transparent seien. "Wegnehmen wird wahrscheinlich wenig bringen", vermutete er. Die Branche könne aber bei Preisanreizen für längere Aufenthalte besser werden. "Es ist besser, zweimal lang in den Urlaub zu fahren, als dreimal kurz", sagte Hartmann./bf/DP/mis