Die Gewerkschaft Verdi wirft der Fluggesellschaft vor, eine Änderung des deutschen Betriebsverfassungsgesetzes zu missachten und die Wahl von Betriebsräten beim Kabinenpersonal zu verhindern. "In der Arbeitskultur sind wir noch weit entfernt von einem Durchbruch", sagte Verdi-Expertin Katharina Wesenick am Mittwoch in Berlin. Denn die Airline argumentiere damit, nach dem Betriebsverfassungsgesetz keinen Betrieb in Deutschland zu haben. "Wir akzeptieren diese Rechtsauffassung nicht." Ryanair lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

Seit Mai gilt eine Änderung im Betriebsverfassungsgesetz, die die Bundesregierung 2018 als "Lex Ryanair" auf den Weg gebracht hatte. Damit bekommen nun auch Flugbegleiter das Recht, einen Betriebsrat zu gründen - auch ohne Tarifvertrag.

Nach langen Verhandlungen hatte Verdi im März mit Ryanair erstmals für deren rund 1200 Flugbegleiter in Deutschland einen Tarifvertrag geschlossen. Dadurch fallen die Beschäftigten unter den hiesigen Kündigungsschutz und erhalten Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Nun hieß es bei Verdi, in einzelnen Fällen liefen die Lohnfortzahlungen nicht reibungslos. Wesenick sagte, Ryanair gehe oft noch mit Druck vor. So hätten Beschäftigte Angst, dass sie bei einer Betriebsratswahl Repressalien zu befürchten hätten und etwa gewünschte Versetzungen in ihre Heimatländer nicht erhielten. Zudem gebe es Sorgen, Ryanair könnte dann kleinere Standorte schließen.

Branchenexperten rechnen im Falle von Betriebsratswahlen mit einem Rechtsstreit zwischen Ryanair und Verdi. Die Gewerkschaft erhofft sich derweil Rückendeckung aus der Politik. "Wir haben hier eine Gesetzeslücke", sagte Wesenick mit Blick auf das Betriebsverfassungsgesetz. Dies müsste in Zeiten der Globalisierung überprüft werden.