Zürich (awp) - Die Coronavirus-Pandemie wird die Schweizer Wirtschaft in eine tiefe Rezession schicken. Diverse Ökonomen haben ihre Schätzungen für die Schweizer Wirtschaft bereits deutlich gesenkt. Das kann nun auch an der vierteljährlichen Befragung der KOF bei Konjunkturexperten abgelesen werden.

Die von Anfang bis Mitte Juni von der Konjunkturforschungsstelle befragten Experten gehen laut Mitteilung vom Dienstag im Durchschnitt für dieses Jahr von einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes (BIP) um 5,0 Prozent aus. Im März, als die Pandemie noch nicht mit voller Wucht in der Schweiz angekommen war, gingen die Umfrageteilnehmer noch von einem nur kleinen Rückgang um 0,2 Prozent aus.

Arbeitsmarkt wird leiden

Der wachsende Pessimismus überrascht angesichts des im Frühjahr ausgesprochenen "Lockdown" nicht. Die Mehrheit der Läden und sämtliche Gastrobetriebe wurden geschlossen, unzählige Events abgesagt. Und geschlossene Grenzen brachten den Handel mit dem Ausland zum Erliegen.

Einige Ökonomen hatten ihre Prognosen in den letzten Wochen noch drastischer zurückgenommen: Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco (-6,1%), die Schweizerische Nationalbank (rund -6%) und die OECD (-7,7%) rechnen mit noch deutlichen BIP-Rückgängen.

Die von der KOF befragten Ökonominnen und Ökonomen zeigen sich auch deutlich pessimistischer für den Arbeitsmarkt. Die Prognose für die durchschnittliche Arbeitslosenquote 2020 liegt nun bei 3,8 Prozent, nach 2,7 Prozent in der März-Umfrage. 2021 werde die durchschnittliche Quote gar auf 4,2 Prozent steigen.

Einbruch bei Investitionen und Export

Zurückrudern war bei den von der KOF befragten Konjunkturexperten in allen Teilbereichen angesagt: So rechnen sie bei Anlageinvestitionen im Jahr 2020 mit einem Rückgang um 6,3 Prozent nach einem Minus von 0,6 Prozent in der März-Umfrage. Vor allem bei den Ausrüstungsinvestitionen wird ein sattes Minus von 7,8 Prozent erwartet.

Vergleichsweise gut sind dagegen die Prognosen für den Bau, wo zum Vorjahr lediglich ein Rückgang um 1,8 Prozent erwartet wird. Die meisten Baustellen blieben während des "Lockdown" offen.

Eine deutliche Revision erfuhren die Annahmen zum Export: Erwartet wird neu ein Rückgang (real) um 7,1 Prozent nach einem zuvor prognostizierten Minus von 0,9 Prozent.

Und die Inflationserwartungen liegen neu ebenfalls tiefer: Neu rechnen die Experten mit einem relativ deutlichen Rückgang der Konsumentenpreise um 0,7 Prozent, nach zuvor einem Plus von 0,1 Prozent.

Belebung ab 2021 erwartet

Im Jahr 2021 ist laut den befragten Experten Besserung und eine konjunkturelle Belebung in Sicht. Nach dem Rückschlag im laufenden Jahr wird von einem BIP-Wachstum in Höhe von 4,2 Prozent ausgegangen. Als Treiber werden die Ausrüstungsinvestitionen (+4,2%) und vor allem die Exportwirtschaft (+6,9%) gesehen.

Auch langfristig wird mit einer guten wirtschaftlichen Entwicklung gerechnet: In fünf Jahren sollte die Wirtschaftsleistung in der Schweiz gemäss dem KOF-Konsensus im Durchschnitt um jährlich 1,5 Prozent (März-Umfrage: 1,4%) anziehen.

Franken bleibt stark

In der KOF-Umfragen werden die Experten auch zu Annahmen bezüglich Entwicklungen an den Finanzmärkten befragt. Den Euro-Kurs etwa sehen sie in den nächsten drei Monaten bei 1,06 Franken und nach zwölf Monaten bei 1,07 Franken. Den Dollar schätzen die Auguren bei 0,97 Franken nach drei und bei 0,95 Franken nach zwölf Monaten.

Die Zinserwartungen bleiben entsprechend tief. Der Konsensus-Wert des 3-Monats-Libors in drei Monaten steht bei -0,73 nach zuvor -0,82 Prozent und in zwölf Monaten bei -0,73 nach -0,79 Prozent. Der Kassazins für 10-jährige Bundesobligationen wird in drei Monaten bei -0,47 Prozent und in zwölf Monaten bei -0,30 Prozent gesehen. Am Montag belief er sich auf -0,406 Prozent.

Am Aktienmarkt wird für den breiten Swiss Performance Index (SPI) in drei Monaten ein Punktestand von 12'014 Zählern und nach zwölf Monaten 12'237 Stellen erwartet. Aktuell liegt er bei gut 12'600 Punkten.

An der Umfrage nahmen laut den Angaben 17 Ökonomen teil.

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