Zürich (awp) - Die Phase der Negativzinsen hält an. Die SNB hat am Donnerstag ihren Kurs ein weiteres Mal bestätigt. Und die Währungshüter ändern nach knapp 20 Jahren ihr geldpolitisches Konzept. Sie setzen auf einen Leitzins.

Der neu eingeführte "SNB-Leitzins" beläuft sich auf minus 0,75 Prozent. Er entspricht dem bisher gültigen, auf dem Dreimonats-Libor beruhenden Referenzzins. Die Schweizerische Nationalbank verlangt also von Banken unverändert 0,75 Prozent Negativzinsen für Sichteinlagen über einem bestimmten Freibetrag.

Der Grund für diese Anpassung ist einfach: Der Libor wird eines Tages verschwinden. Spätestens seit dem 2011 aufgedeckten "Libor-Skandal" ist das Vertrauen in den einfach zu manipulierenden Geldmarktsatz geschwunden, die britische Finanzaufsicht wird ihn ab Ende 2021 nicht mehr unterstützen.

Künftig orientiert sich SNB an einem nationalen Satz - am Saron. Der "Swiss Average Rate Overnight" basiert im Gegensatz zum Libor auf tatsächlich getätigten Transaktionen und kann nicht manipuliert werden. Weil die SNB mit dem Saron neu einen Tagesgeldsatz heranzieht, braucht es auch kein Zielband mehr.

Weltweit sind heute aber noch Finanzverträge in Höhe von rund 350 Billionen Dollar an den Libor gebunden. Daher soll der seit 2017 berechnete Saron von den Marktteilnehmern konsequenter verwendet werden, forderte SNB-Direktorin Andrea Maechler am Donnerstag an der geldpolitischen Lagebeurteilung. "Je rascher der Saron in Finanzprodukten verwendet wird, um so reibungsloser wird die Libor-Ablösung verlaufen", sagte sie.

Franken bleibt hoch bewertet

In ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung stufte die SNB den Franken weiterhin als "hoch bewertet" ein. Die Notenbank signalisierte daher erneut ihre Bereitschaft, bei Bedarf im Devisenmarkt eingreifen. Dies ist neben den Negativzinsen der zweite Hauptpfeiler der SNB-Politik, welche die Preisentwicklung stabilisieren und die Wirtschaftsaktivität unterstützen soll.

Und SNB-Präsident Thomas Jordan hat nach eigener Einschätzung trotz der bereits rekordtiefen Zinsen noch Pfeile im Köcher: "Bei beiden Instrumenten haben wir Handlungsspielraum", sagte er vor den Medien. Damit könne die Nationalbank auf Schocks reagieren, die zu einer Aufwertung des Frankens führen würden.

Der Schweizer Franken, er hat sich seit der letzten Lagebeurteilung im März bereits etwas verteuert, ist bei Investoren in unruhigen Zeiten als sicherer Hafen gesucht. Und die Gefahr eines neuerlichen Aufwertungsdrucks auf die heimische Währung ist laut Maechler durchaus hoch.

Die SNB-Direktorin verwies auf verschiedene "Risikoherde" wie die Verschärfung des Handelsstreits zwischen den USA und China und die Sorgen um das italienische Haushaltsbudget.

Unveränderte Wachstumsprognose

Abgesehen davon hat die SNB ihre Wachstumsprognose unverändert belassen. Sei geht damit für 2019 weiter von einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von "rund 1,5 Prozent" aus". Die Währungshüter zeichneten ein insgesamt freundliches Bild über den Zustand der Schweizer Wirtschaft, mussten aber den schon fast üblichen Vorbehalt anbringen: Politische Spannungen und der Handelsstreit könnten die Stimmung trüben.

Experten hatten erwartet, dass die SNB an ihrem geldpolitischen Kurs festhält. Der Grund dafür ist bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu suchen. Diese wird frühstens Mitte nächstes Jahr erste Zinserhöhungen vornehmen. Da SNB ist aber darauf bedacht, dass die Zinsdifferenz zum Euroraum nicht kleiner wird, damit der Franken nicht zum Euro aufwertet.

ra/rw