Zürich (awp) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) tastet die Zinsen nicht an. Sie belässt den Leitzins und den Zins auf Sichtguthaben bei -0,75 Prozent und zieht damit der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht nach. Sie gewährt aber den Banken, welche zuletzt verstärkt mit der Weitergabe von Negativzinsen geliebäugelt hatten, höhere Freibeträge.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte erst vor einer Woche ein Massnahmenpaket angekündigt, mit dem sie der Wirtschaft im Euro-Raum unter die Arme greifen will. Mit nochmals höheren Strafzinsen für Banken und frischen Milliarden wurde die Zinswende für unbestimmte Zeit nach hinten geschoben

Die SNB zieht nun zwar nicht nach, will aber weiterhin bei Bedarf im Devisenmarkt eingreifen, wie sie am Donnerstag anlässlich ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung mitteilte. Dies ist neben den Negativzinsen der zweite Hauptpfeiler ihrer Politik, den Franken zu schwächen. Dabei berücksichtige sie weiterhin die gesamte Währungssituation, hiess es.

Denn die Lage am Devisenmarkt bleibe fragil, und der Franken habe sich handelsgewichtet aufgewertet, so die SNB weiter. Sie stuft den Franken weiterhin als "hoch bewertet" ein. Die expansive Geldpolitik sei angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen und der Inflationsaussichten in der Schweiz nach wie vor notwendig, lautet das Fazit der Währungshüter.

Zinsbelastung aufs Nötigste beschränken

Eine Änderung nimmt die Nationalbank an ihrer Politik trotzdem vor. Sie ändert die Berechnungsgrundlage für den Negativzins. Diese Anpassung führe dazu, dass die Freibeträge für die Banken, auf die kein Negativzins erhoben wird, steigen. Die neue Regelung tritt per 1. November 2019 in Kraft.

Das globale Tiefzinsumfeld habe sich in letzter Zeit weiter verfestigt und könnte noch länger anhalten, schrieb die SNB zur Begründung. Die Belastung durch Negativzinsen solle dabei auf "das Nötigste" beschränkt bleiben. In letzter Zeit hatten immer mehr Geschäftsbanken die Negativzinsen an gewisse Kundengruppen weitergegeben oder zumindest laut über einen solchen Schritt nachgedacht.

Konjunkturrisiken nach unten gerichtet

Abgesehen davon hat die SNB ihre Wachstumsprognose gesenkt. Sie geht für 2019 neu von einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von "0,5 bis 1,0 Prozent" aus. Im Juni war noch von "rund 1,5 Prozent" die Rede gewesen. Die Anpassung sei zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen, dass die BIP-Wachstumsraten für die zweite Hälfte 2018 und das erste Quartal 2019 nach unten revidiert worden seien.

Abgesehen davon seien aber auch die Risiken für die Weltwirtschaft "eher nach unten gerichtet", teilte die SNB weiter mit. Und die globalen Konjunktursignale hätten sich in den letzten Monaten eingetrübt. Mittelfristig geht die SNB gleichwohl davon aus, dass die globale Konjunktur nicht zuletzt dank der Massnahmen diverser Notenbanken wieder anziehen wird.

Die kurzfristigen (bedingten) Inflationsprognosen für die Schweiz wurden gegenüber Juni deutlich nach unten angepasst. Für 2019 geht die SNB neu von einer Inflation von +0,4 Prozent aus (alt: +0,6%). Für 2020 werden nun +0,2 Prozent (alt: +0,7%) und für 2021 +0,6 Prozent (alt: +1,1%) prognostiziert. Der Hauptgrund dafür seien schwächere Wachstums- und Inflationsaussichten im Ausland sowie der stärker Franken.

Franken wird teurer

Wie üblich betont die SNB ausserdem die Risiken am Immobilienmarkt. Die Ungleichgewichte bestünden nach wie vor. Die Währungshüter begrüssen daher die Selbstregulierungsmassnahmen der Banken im Bereich der Renditeliegenschaften. Die Entwicklungen würden aber weiterhin aufmerksam beobachtet, und es werde regelmässig überprüft, ob der antizyklische Kapitalpuffer angepasst werden müsse.

Am Devisenmarkt wertet der Schweizer Franken zu Euro und US-Dollar leicht auf. Aktuell (10.37 Uhr) kostet ein Euro 1,0973 Franken und ein Dollar 0,9922 Franken.

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