Zürich (awp) - Die Ungleichgewichte im Schweizer Hypothekarmarkt bleiben nach Ansicht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unverändert hoch. In den letzten zehn Jahren hat das Wachstum der vergebenen Hypotheken das der Einkommen deutlich übertroffen.

Im Segment der Renditeliegenschaften haben die Ungleichgewichte im letzten Jahr sogar weiter zugenommen, stellte die SNB in ihrem am Donnerstag veröffentlichten "Bericht zur Finanzstabilität 2019" fest.

Renditeliegenschaften sind Wohn-, Gewerbe und Geschäftshäuser, die vermietet sind. Sie werfen also eine Rendite für den Investor ab. Die Preise für diese Liegenschaften sind in den letzten Jahren explodiert. Aktuell entfallen darauf rund 30 Prozent aller Hypotheken. Die SNB und die Finanzmarktaufsicht Finma werfen schon eine Weile ihr Augenmerk vermehrt auf diese Objekte.

Und die Risikobereitschaft der Immobilienanleger ist offenbar ungebrochen hoch. Der Anteil der neu vergebenen Hypothekarkredite für Renditeliegenschaften mit einen hohem Belehnungsgrad und ausgereizter Tragbarkeit habe im letzten Jahr bei 25 Prozent gelegen, stellte die SNB in ihrem Bericht fest.

Massnahmen notwendig

Die Notenbank ist unverändert der Ansicht, dass bei den Renditeliegenschaften Massnahmen notwendig seien. Die Notenbank unterstütze in diesem Zusammenhang die Vorschläge des Bundesrates, die eine höhere Unterlegung der Hypotheken für Wohnrenditeliegenschaften mit mehr Eigenkapital durch die Banken vorsehen.

Gleichzeitig begrüsst die SNB die Vorschläge der Schweizerischen Bankiervereinigung. Diese hatte im März angekündigt, sie wolle ihre Massnahmen zur Selbstregulierung bei der Hypothekenvergabe möglicherweise verschärfen. Die Banken prüfen also, ob Kredite für Liegenschaften, die als Investition gekauft werden, künftig nach härteren Kriterien vergeben werden. Kunden müssten höhere Voraussetzungen erfüllen, um einen Bankkredit zu erhalten.

Neue Richtlinien dürften gemäss SNB noch in diesem Jahr umgesetzt werden und Anfang 2020 in Kraft treten. Die Notenbank lässt aber offen, ob es auf eine regulatorische Änderung oder neue Leitlinien zur Selbstregulierung durch die Banken selbst hinausläuft.

Meiste Banken gut kapitalisiert

Gleichzeitig habe 2018 das Engagement der Inlandbanken im Schweizer Hypotheken- und Immobilienmarkt weiter zugenommen. Dennoch bleibe die Widerstandsfähigkeit der meisten inländischen Banken angemessen, hält die SNB fest. Das signalisiere auch der Stresstest der Notenbank.

Dessen Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass die meisten inländisch ausgerichteten Banken genug stark kapitalisiert seien, um auch die Verluste selbst im negativsten Szenario aufzufangen.

Die SNB setzt aber ein Ausrufezeichen. Eine Reihe von Banken - diese hielten zusammen einen "bedeutenden" Marktanteil im Immobilienmarkt - würden im härtesten Szenario des Stresstests Probleme bekommen. Deren Überschusskapital würde in einem solchen Fall voraussichtlich auf ein Niveau nahe an oder gar unter das regulatorische Niveau fallen.

ra/rw