Tel Aviv (awp) - Bei SHL unternimmt die Gründerfamilie Alroy offenbar einen neuen Anlauf, beim Telemedizinanbieter die Macht wiederzuerlangen. Ein erster Versuch war vor gut einem Monat ausgebremst worden. Denn die Gegenseite hatte von der Finanzmarktaufsicht Finma ihre zuvor von der Übernahmekommission (UEK) suspendierten Stimmrechte vorerst zurückerhalten.

Die ausserordentliche Generalversammlung, an dem der Machtwechsel stattfinden sollte, wurde in der Folge vom 18. Oktober auf den 10. Dezember 2018 verschoben. Wie aus der am Dienstag publizierten Einladung nun hervorgeht, haben sich die Traktanden seither aber nicht verändert.

Nach wie vor sollen die bisherigen Mitglieder Yi He, Cailong Su, Xuewen Wu, Yuan-Hsun Lo, Yirong Qian sowie Hava Shechter aus dem Gremium gekippt werden. Neu sollten dafür Elon Shalev, Erez Alroy, Yariv Alroy und Erez Nachtomy gewählt werden.

Gründerfamilie will die Macht wieder

Es geht also darum, die Vertreter der beiden Privatinvestorinnen Cai Mengke aus China und Kun Shen mit Personen aus dem Umfeld der inzwischen nicht mehr im Unternehmen operativ tätigen Gründerfamilie Alroy sowie der mit ihr via Aktionärsbindungsvertrag verbundenen Familie Shalev zu ersetzen.

Cai Mengke und Kun Shen halten als Aktionärsgruppe zusammen 54,87 Prozent der Stimmrechte, die Alroy-Gruppe lediglich 23,05 Prozent. Von der Affiche her wäre es den chinesischen Investoren also ein Leichtes, den Machtwechsel abzuwenden. Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn deren Stimmrechte ausgesetzt sind.

Und da kommt die Finma ins Spiel. Die Finanzmarktaufsicht hatte nämlich am 9. Oktober die Stimmrechte der chinesischen Grossaktionäre lediglich "für die Dauer des Beschwerdeverfahrens" wiederhergestellt. Sollte das Verfahren also vor dem neuen GV-Termin am 10. Dezember abgeschlossen sein, fallen die Stimmrechte wieder weg und der Alroy-Plan könnte aufgehen.

Wie schnell arbeitet die Finma?

Laut Finma-Sprecher Vinzenz Mathys läuft das besagte Beschwerdeverfahren noch. Die Behörde werde sich daher weder zum Inhalt noch zur möglichen Dauer des Verfahrens. Das Ergebnis des Verfahrens werde aber unmittelbar veröffentlicht.

Ob der Angriff der Fraktion Alroy von Erfolg gekrönt sein wird, hängt damit ganz offensichtlich davon ab, wie schnell die Finma arbeitet. Schliesst diese das Beschwerdeverfahren der chinesischen SHL-Aktionäre noch vor dem 10. Dezember ab, dann sind die Aussichten gut. Braucht das Amt länger, dann haben die geplanten Wechsel im SHL-Verwaltungsrat wohl kaum eine Chance.

Lange Auseinandersetzung

Der Auseinandersetzung geht eine relativ lange Geschichte voraus. Die chinesische Investorin und Unternehmerin Cai Mengke trat erstmals im Sommer 2016 in Erscheinung - und zwar mit einem Knall. Sie kaufte seinerzeit auf einen Schlag von anderen Aktionären 29,9 Prozent an SHL. Kun Shen übernahm im Oktober des Jahres darauf 23,5 Prozent an der Gesellschaft und steht inzwischen bei 25,02 Prozent.

Mengke und Shen sahen schon bald darauf mit dem Vorwurf konfrontiert, als gemeinsam handelnde Gruppe agieren. Als kontrollierende Aktionäre hätten sie also den übrigen Aktionären ein öffentliches Angebot zu unterbreiten.

Das sah auch die Schweizerische Übernahmekommission so und verpflichtete im Januar 2018 die beiden, respektive deren Fonds, innert zwei Monaten ein solches Gebot vorzulegen. Nach zweimaliger Fristverlängerung riss Anfang September der UEK der Geduldsfaden und die Stimmrechte von Mengke und Shen wurden suspendiert. Spätestens seither liegt der Ball bei den Behörden.

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