BERLIN/HAMBURG (dpa-AFX) - Der französische TGV-Hersteller Alstom muss sich bei der geplanten Übernahme der Zugsparte von Bombardier aus Sicht von Branchenexperten auf eine gründliche Wettbewerbsprüfung durch die EU-Kommission einstellen. "Die kartellrechtlichen Hürden sind sehr hoch", sagte Maria Leenen vom Beratungsunternehmen SCI Verkehr am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die aktuell starke Nachfrage nach Bahntechnik werde auf ein geringeres Angebot stoßen. Vor allem für kleinere Bahnunternehmen könnte es schwieriger werden: "Sie werden deutlich weniger Alternativen haben."

Nach Darstellung von Leenen würden Alstom und Bombardier vor allem den Markt für Diesel- und Hybridfahrzeuge in Europa beherrschen. Auch in dem für den Regionalverkehr sehr wichtigen Segment Elektrotriebwagen kämen beide in Europa auf einen Marktanteil von 47 Prozent. Die Wettbewerber Siemens (18 Prozent) und Stadler (21 Prozent) brächten es zusammen auf 39 Prozent. Danach folgten derzeit nicht viele andere Anbieter. Unternehmen wie die Deutsche Bahn wären Herstellern damit noch stärker ausgeliefert als bereits bisher.

Der französische Konzern Alstom hatte angekündigt, die Zugsparte des kanadischen Konkurrenten Bombardier zu übernehmen. Dafür werde ein Preis in der Spanne von 5,8 Milliarden bis 6,2 Milliarden Euro fällig. Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge zeigte sich optimistisch, dass die EU-Wettbewerbshüter die Übernahme billigen. Das Unternehmen war erst vor einem Jahr an Bedenken der EU-Kommission mit dem Versuch gescheitert, mit der Zugsparte von Siemens zu fusionieren.

Die Sorgen der Beschäftigten in den deutschen Werken von Alstom und Bombardier seien berechtigt, sagte Leenen. Es gebe weit größere Überschneidungen bei Produkten als bei dem ursprünglich geplanten Zusammengehen von Siemens und Alstom. Aktuell würden Überkapazitäten durch eine "große Beschaffungswelle" überdeckt: "Derzeit wird jedes Werk gebraucht. Aber was kommt nach der Sonderkonjunktur?"/sl/DP/stw