(Aussagen aus der Bilanzpressekonferenz, Hintergrund, Aktienkurs)

ERLANGEN (dpa-AFX) - Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers hat seinen Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr deutlich gesteigert und will auch in den kommenden Jahren seinen Wachstumskurs fortsetzen. Dabei soll das Ergebnis mittelfristig stärker steigen als der Umsatz. Während sich die Geschäfte mit der Bildgebung und der Präzisionsmedizin gut entwickeln, bleibt die Labordiagnostik das Sorgenkind der Siemens-Tochter. Wegen der anhaltenden Anlaufschwierigkeiten rechnet der Konzern mit einer Durststrecke.

Am Aktienmarkt setzten sich am Montag die positive Sicht auf die Dinge durch. Die Aktie stieg am Vormittag um mehr als 6 Prozent und überschritt erstmals die Marke von 40 Euro. Zwischenzeitlich sprang das Papier sogar auf mehr als 41 Euro. Analysten verwiesen auf die insgesamt gute Umsatzentwicklung sowie die weiteren Aussichten in den kommenden Jahren. Kritisiert wurde dagegen der Umstand, dass Siemens Healthineers seine Profitabilitätsziele im vergangenen Geschäftsjahr leicht verfehlte. Grund dafür war das unter den Erwartungen ausgefallene Ergebnis beim neuen Labordiagnostiksystem Atellica. Die Profitabilitätsziele für den Bereich muss der Konzern deswegen verschieben.

Für die kommenden Jahre prognostiziert der Konzern dennoch weiter steigende Gewinne. Dabei dürfte sich das Wachstum jedoch im Vergleich zum gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr abschwächen. Siemens Healthineers setzt künftig auf das bereinigte Ergebnis je Aktie als relevante Gewinnkennziffer. So geht das Management für das gerade begonnene Geschäftsjahr 2019/20 (per 30. September) von einem Anstieg um 6 bis 12 Prozent aus, wie das Unternehmen am Montag in Erlangen mitteilte. In den darauf folgenden zwei Geschäftsjahren soll das Gewinnplus je rund 10 Prozent betragen. 2018/19 hatte Siemens Healthineers das bereinigte Ergebnis je Aktie um 14 Prozent auf 1,70 Euro gesteigert. Beim Umsatz geht Healthineers von einem mittelfristigen vergleichbaren Wachstum von mehr als 5 Prozent aus.

Im vergangenen Geschäftsjahr legte Healthineers deutlich zu und profitierte von einem starken Schlussquartal. Der Nettogewinn stieg um knapp ein Viertel auf rund 1,6 Milliarden Euro. Der Umsatz erhöhte sich um 8 Prozent auf 14,5 Milliarden Euro. Auf vergleichbarer Basis betrug das Wachstum 5,8 Prozent. Aktionäre sollen an dem Gewinnanstieg teilhaben und eine höhere Dividende erhalten. Sie soll um 14 Prozent auf 0,80 Euro je Aktie steigen. Größter Nutznießer ist dabei der Mutterkonzern Siemens, der 85 Prozent an Healthineers hält.

Während Healthineers bei der Bildgebung und dem noch vergleichsweise kleinen, dafür aber margenstarken Segment der Präzisionsmedizin (Advanced Therapies) zulegen konnte, sanken die Ergebnisse der Labordiagnostik weiter. Healthineers leidet bei seinem Atellica-System unter hohen Anlaufkosten und längeren Installationszeiten. Das Management hatte daher bereits zum dritten Quartal das Auslieferungsziel erheblich gesenkt.

"Wir sind mit Atellica zu optimistisch in den Markt gegangen", räumte Konzernchef Bernd Montag auf der Bilanzpressekonferenz ein. Siemens Healthineers setzt große Hoffnungen in das Atellica-System, das die seit langem schwächelnde Labordiagnostik wieder nach vorne bringen soll. Bei der Profitabilität hinkt der Bereich jedoch weiter erheblich hinterher. Das geplante Ziel, eine bereinigte operative Marge im mittleren Zehner-Prozent-Bereich zu erreichen, wurde daher um zwei Jahre auf 2024 verschoben. Im vergangenen Geschäftsjahr sank diese Kennziffer um 2,8 Prozentpunkte auf 9,3 Prozent.

Vorstandschef Montag erwartet für das laufende Geschäftsjahr einen weiteren Rückgang, vor allem im ersten Quartal. Eine Verbesserung sieht er erst in den Folgejahren. Er bezeichnete das Geschäft dennoch weiter als einen "entscheidenden Wachstumstreiber" für die Zukunft.

Dagegen erwartet der Manager bei der Bildgebung und der Präzisionsmedizin eine anhaltende Wachstumsdynamik. Während bei der Bildgebung im laufenden Geschäftsjahr mit einem weiteren Margenanstieg gerechnet wird, geht Healthineers in der Präzisionsmedizin wegen der kürzlich abgeschlossenen Übernahme des US-Unternehmens Corindus von einem erheblichen Rückgang aus. Die Erlangener hatten die 1,1 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme des Herstellers robotergestützter Systeme für minimalinvasive Gefäßeingriffe erst kürzlich abgeschlossen. Dabei sieht Finanzvorstand Jochen Schmitz dank der guten finanziellen Situation Raum für weitere Zukäufe./nas/knd/mis