"Die Eskalation in Hongkong belastet die wirtschaftliche Entwicklung der Region sehr", sagte der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA), Joe Kaeser, am Montag in Berlin. Die chinesische Sonderverwaltungszone sei der Sitz von mehr als 700 deutschen Unternehmen. Kaeser, der Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen mit anderen Wirtschaftsführern in der vergangenen Woche auf ihrer China-Reise begleitete, mahnte eine friedliche Lösung an. Das habe man den chinesischen Gesprächspartnern klar gemacht.

An den vereinbarten Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" müsse sich die Volksrepublik halten, sagte Kaeser, der im Hauptberuf Siemens-Chef ist. In Hongkong wird seit drei Monaten für den Erhalt von Freiheitsrechten in der ehemaligen britischen Kronkolonie demonstriert. Kaeser begrüßte die Rücknahme des umstrittenen Auslieferungsgesetzes, das die Proteste ausgelöst hatte. "Das war natürlich nicht hinnehmbar", sagte er. Den 1800 Mitarbeitern von Siemens in Hongkong stellte der Vorstandschef eine Teilnahme einen Freibrief aus: "Jeder Mitarbeiter von Siemens in Hongkong, der sich fiedlich an Demonstrationen in Hongkong beteiligt, wird geschützt."

Kaeser forderte China zu einer weiteren Marktöffnung und den besseren Schutz von Investitionen auf. Als künftige Wirtschaftsmacht Nummer Eins sei die Volksrepublik stark genug, um in- und ausländische Unternehmen gleich zu behandeln. Ein Investitionsabkommen zwischen China und der EU sollte daher jetzt angegangen werden. Es müsse den Schutz der Investitionen ebenso beinhalten wie einen einfacheren Marktzugang für europäische Firmen.

Zugleich warnte der APA-Chef vor einer vor einer Zweiteilung der Welt in einen amerikanischen und in einen chinesischen Einflussbereich. "Das ist der Garant für die weltweite Rezession", sagte er. "Es wird die Welt um Jahrzehnte zurückwerfen." Wenn Unternehmen gezwungen würden, sich für eine Seite zu entscheiden, sei das auch nicht im Interesse von exportstarken Staaten wie Deutschland. Er werde sich daher dafür einsetzen, dass es dazu nicht kommen werde. Im Kern gehe es in dem Handelskonflikt zwischen den USA und China um die wirtschaftliche Vormachtstellung. Die Vereinigten Staaten seien noch die Nummer eins, doch werde sich das in den kommenden Jahren ändern. "Wer will schon gerne von der Nummer eins zur Nummer zwei werden", sagte Kaeser. Zumal klar sei: Wer mehr verdiene, steige auch militärisch auf. Er rechne daher nicht damit, dass sich an der generellen Konfrontation zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaft nach einem Ende der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump etwas ändern werde. Vielleicht werde die Art und Weise des Umgangs miteinander anders.

Trotz schwächerer Weltkonjunktur und Handelskonflikten erwartet Kaeser keine schwere Rezession in Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt könne zwar das eine oder andere Quartal schrumpfen. "Ich glaube aber nicht, dass wir längerfristig unter die Null gehen", sagte er. Die Bundesregierung verfüge über verschiedene Instrumente gegen eine schwächelnde Konjunktur, etwa Kurzarbeit. Auch über stärkere staatliche Investitionen könne man angesichts extrem günstiger Finanzierungsbedingungen nachdenken.