ERLANGEN (dpa-AFX) - Beim Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers halten die Probleme im Diagnostikgeschäft an. Die hohen Anlaufkosten für das neue Laborsystem Atellica bremsten das Wachstum auch im dritten Geschäftsquartal, und das Management kappte das Auslieferungsziel für das Gesamtjahr deutlich. Als Konsequenz tauscht die Siemens-Tochter nun den Diagnostikchef aus. Konzernchef Bernd Montag übernimmt künftig selbst die Verantwortung für den Bereich. Für die Aktien zeichneten sich im vorbörslichen Handel leichte Verluste ab.

Im dritten Geschäftsquartal bis Ende Juni setzte Siemens Healthineers mit knapp 3,6 Milliarden Euro 8 Prozent mehr um und profitierte dabei auch von positiven Währungseffekten. Aus eigener Kraft lag das Wachstum bei 5,8 Prozent, angetrieben durch gute Geschäfte mit bildgebenden Systemen, wie das Unternehmen am Montag in Erlangen mitteilte. Das bereinigte operative Ergebnis erhöhte sich um 3 Prozent auf 543 Millionen Euro. Das lag leicht unter den Erwartungen der Analysten. Die viel beachtete bereinigte operative Marge sank um 0,8 Prozentpunkte auf 15,2 Prozent. Hier schlugen die Probleme mit Atellica durch.

Nach Steuern verbesserte sich der Gewinn dank niedrigerer Finanzierungszinsen sowie positiven Steuereffekten um ein Fünftel auf 353 Millionen Euro.

Healthineers leidet bei seinem mit großen Hoffnungen versehenen Ateelica-Systemen unter hohen Anlaufkosten und längeren Installationszeiten. Im dritten Quartal sank die bereinigte Marge in der Labordiagnostik um 3,4 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent. Der Konzern stehe in dem Geschäft "vor großen Herausforderungen", räumte Konzernchef Montag ein. Das Management senkte zudem die Zahl der geplanten Atellica-Auslieferungen deutlich. So sollen im Gesamtjahr nur noch 1800 Systeme ausgeliefert werden - nach zuvor prognostizierten 2200 bis 2500 Stück. Healthineers hatte sich bereits zum zweiten Quartal pessimistischer mit Blick auf das ursprüngliche Ziel gezeigt.

Als Konsequenz wird der im Vorstand für das Diagnostikgeschäft zuständige Michael Reitermann zum 30. September gehen. Montag übernimmt die direkte Verantwortung für den Bereich. Die Weiterentwicklung des Geschäfts sei entscheidend, um zusätzliches Wachstum für den Konzern zu realisieren, erklärte Aufsichtsratschef Michael Sen. Dies sei wichtig für Kunden und Investoren gleichermaßen. Siemens Healthineers setzt große Hoffnungen in das Atellica-System, das die lange Zeit schwächelnde Labordiagnostik wieder nach vorne bringen soll. Bei der Profitabilität hinkt der Bereich jedoch weiter erheblich hinterher.

Neu in den Vorstand rückt Christoph Zindel, bislang für das Geschäft mit bildgebenden Systemen wie Computertomographen und Röntgenprodukte zuständig, das den Löwenanteil von Umsatz und Ergebnis bei Siemens Healthineers beisteuert.

Ihren Ausblick bekräftigte die Siemens-Tochter. Im Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) geht das Management von einem weiteren Umsatzwachstum aus. Es soll auf vergleichbarer Basis vier bis fünf Prozent betragen und sich damit zum Vorjahr leicht beschleunigen. Die operative Marge sieht das Management bereinigt bei 17,5 bis 18,5 Prozent, was einer Verbesserung im Vergleich zum Vorjahreswert von 17,2 Prozent entspricht. Allerdings hatte Finanzvorstand Jochen Schmitz bei den Zahlen zum zweiten Quartal bereits angekündigt, eher die untere Hälfte der Zielspanne zu erreichen. Überdurchschnittlich soll weiterhin der Gewinn je Aktie zulegen: Um 20 bis 30 Prozent verglichen mit den 1,26 Euro, die Siemens Healthineers 2017/18 erzielt hatte./nas/stw/mis