Das Unternehmen mit deutschen Wurzeln schreibt nachträglich 10,9 Milliarden Euro ab, wie es am Freitag in seinem Zwischenbericht mitteilte. Bisher hatte Steinhoff mit rund sechs Milliarden Euro an Wertberichtigungen gerechnet. Mit den milliardenschweren Bilanzkorrekturen trage man aufgeblähten Vermögenswerten und rückabgewickelten Transaktionen Rechnung, erklärte Steinhoff. Allein die Immobilien in Europa seien 1,25 Milliarden Euro weniger wert als ihr Wert in der Bilanz. Das Unternehmen kämpft ums Überleben, seit die Unregelmäßigkeiten Ende 2017 offenbar wurden. Die Gläubiger lassen Steinhoff aber nicht fallen und halten für weitere drei Wochen still.

Die Negativschlagzeilen hinterlassen auch im operativen Geschäft tiefe Spuren. In den sechs Monaten von Oktober 2017 bis März lief unter dem Strich ein Verlust von 599 Millionen Euro auf, ein Jahr zuvor waren es 362 Millionen. Die Abschreibungen wirken sich hier nicht aus, sie werden in das Geschäftsjahr 2016/17 gebucht. Operativ hat sich der Verlust auf 152 (44) Millionen Euro mehr als verdreifacht. Steinhoff habe mit Lieferantenkrediten ebenso zu kämpfen wie mit dem Misstrauen der Kunden, die keine Anzahlungen für bestellte Möbel oder Küchen mehr leisten wollen, hieß es im Halbjahresbericht. Der Umsatz ging um sechs Prozent auf 9,35 Milliarden Euro zurück.

Die Liquidität sei weiter angespannt, räumte Steinhoff ein. Das Unternehmen hängt am Tropf der Banken. Laut Steinhoff hat man sich mit dem Großteil der Gläubiger grundsätzlich geeinigt. Basis sei der Vorschlag von Mitte Mai, die Kredite über zuletzt 9,4 Milliarden Euro in unveränderter Höhe zu erneuern und mit einer Laufzeit von einheitlich drei Jahren zu versehen. Um die Einzelheiten auszuarbeiten, brauche Steinhoff aber noch etwas Zeit. Die Gläubiger der Europa-Tochter, der amerikanischen Stripes US Holding und der Steinhoff Finance gaben dem Konzern dafür bis 20. Juli Zeit. Die Stillhaltevereinbarung wäre sonst am Samstag abgelaufen.

Von zwei großen Beteiligungen im deutschsprachigen Raum hat sich Steinhoff schon getrennt: Die deutsche Billig-Möbelkette Poco geht komplett an die Eigentümer des Konkurrenten XXXLutz, die bisher schon 50 Prozent hielten. Eine endgültige Einigung gibt es jedoch noch nicht. Die Kette schrieb bei 704 Millionen Euro Umsatz im ersten Halbjahr 35 (2016/17: 52) Millionen Euro Gewinn. Die Möbelhäuser von Kika und Leiner in Österreich gingen vor kurzem in einem Notverkauf an die Signa Holding des Immobilienunternehmers Rene Benko. Dem Wiener Unternehmen, das bei 470 Millionen Euro Umsatz zuletzt 26 Millionen Euro Verlust erwirtschaftete, hätte sonst die Insolvenz gedroht, nachdem die Kreditversicherer die Reißleine zogen.