FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Rückversicherungsbranche kann nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) trotz der Zerstörungen durch Hurrikan "Dorian" auf bessere Geschäfte einstellen. "Wir sehen Verbesserungen für den globalen Versicherungsmarkt, aber wir sehen auch, welchen Herausforderungen er weiterhin ausgesetzt ist", sagte S&P-Versicherungsexperte Johannes Bender am Dienstag vor Journalisten in Frankfurt. So dürften sich die Preiserhöhungen von 2019 im kommenden Jahr fortsetzen. Und im Gegensatz zu 2017 und 2018 dürften die Unternehmen auch wieder ihre Kapitalkosten erwirtschaften.

Vom 7. bis 12. September treffen sich Rückversicherer wie Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück wie jedes Jahr mit ihren Kunden - Erstversicherern wie Allianz und Axa - sowie Maklern wie Aon und Guy Carpenter in Monte Carlo. Sie sondieren dort Preise und Bedingungen für die Vertragserneuerung zum kommenden Jahreswechsel. S&P erwartet, dass die Rückversicherer die Prämien im Schaden- und Unfallgeschäft im Schnitt um etwa fünf Prozent anheben können. Hurrikan "Dorian" dürfte die Preisentwicklung positiv beeinflussen, sagte Bender.

Die Branche sitzt seit Langem auf einem dicken Kapitalpolster. Das Angebot an Rückversicherungsschutz übersteigt die Nachfrage. Das drückt auf die Preise. Die schweren Naturkatastrophenschäden von 2017 und 2018 hatten dem jahrelangen Preisverfall in dem Geschäft allerdings ein Ende gesetzt. 2019 konnten die Rückversicherer etwas höhere Prämien durchsetzen. Dieser Trend dürfte sich im kommenden Jahr fortsetzen, sagte Bender. Die Erhöhungen dürften sich aber auf die von Schäden betroffenen Regionen und Versicherungssegmente beschränken: "Es gibt keinen generellen Preistrend mehr."

Seit dem Wochenende hat sich Wirbelsturm "Dorian" mit seinen zerstörerischen Winden und Sturmfluten über den Bahamas festgesetzt. Nachdem er am Sonntag als Hurrikan der höchsten Kategorie mit Windgeschwindigkeiten von knapp 300 Stundenkilometern Land erreicht hatte, schwächte er sich etwas ab und wurde zu einem Hurrikan der Kategorie vier von fünf herabgestuft. Nach Einschätzung des Nationalen Hurrikan-Zentrums der USA blieb er jedoch "extrem gefährlich". Nach seinem Wegzug von den Bahamas könnte der Sturm der US-Küste gefährlich nahe kommen. Dort drohen noch deutlich höhere Schäden.

Sollte "Dorian" die USA etwa so stark treffen wie Hurrikan "Irma" zwei Jahre zuvor, könnten die 20 größten Rückversicherer, die S&P beobachtet, die Schäden nach Einschätzung von S&P gut stemmen. "Irma" hatte branchenweit versicherte Schäden von etwa 30 Milliarden US-Dollar (rund 27 Mrd Euro) angerichtet. Auch einen Gesamtschaden von 100 Milliarden Dollar müsste sie insgesamt gesehen vor Steuern nicht in die roten Zahlen reißen - wobei dies für einzelne Rückversicherer anders aussehen dürfte. Sollten im Rest des Jahres noch weitere Großschäden hinzukommen, werde es jedoch eng, hieß es bei S&P.

Abseits von "Dorian" und anderen außergewöhnlich teuren Katastrophen rechnet die Ratingagentur damit, dass die 20 größten Rückversicherer in den Jahren 2019 und 2020 eine Eigenkapitalrendite von 7 bis 9 Prozent erreichen können. Damit würden sie auch ihre Kapitalkosten von 6,5 bis 7,5 Prozent verdienen. Dies war ihnen in den vergangenen beiden Jahren infolge der hohen Katastrophenschäden nicht gelungen. Dennoch erreichte das weltweite Rückversicherungskapital Ende März mit 605 Milliarden Dollar wieder das Rekordniveau von 2017.

"Die Versicherer sind die am höchsten bewertete Branche bei S&P", sagte Bender. "Die Rückversicherung liegt noch mal höher." Drei Viertel der 40 Top-Rückversicherer hätten ein Rating im A-Bereich, der Ausblick für die Branche sei stabil./stw/mne/nas