Zürich (awp/sda) - Wer als Kunde die Swisscom kontaktiert, wird künftig vermehrt einen Computer als Gegenüber haben. So ist der Telekomanbieter daran einen Chat-Bot für den Kundendienst zu entwickeln. Bei Anfragen per Email hat in gewissen Fällen bereits heute nicht mehr eine Mitarbeiterin, sondern ein Computer die Antwort geschrieben.

Für ein Telekomunternehmen ist der Kundendienst eine wichtige aber auch eine kostenintensive Dienstleistung. Zahlen zu den Kosten gibt Swisscom zwar nicht bekannt. Doch sind 2800 Personen oder rund 15% der Mitarbeitenden in der Schweiz in dieser Abteilung beschäftigt, deren Arbeitslast von Jahr zu Jahr steigt.

Um dieser Entwicklung zu begegnen hat die Swisscom verschiedene Effizienzsteigerungs-Massnahmen lanciert. Eine ist der verstärkte Einsatz von künstlicher Intelligenz. So setzt die Swisscom bei der Identitätsprüfung bereits seit dem letzten Herbst das sprachbiometrische Identifikationssystem Voiceprint ein.

Anstatt Sicherheitsfragen zu beantworten, genügt es für Kunden seither mit dem Kundendienst-Mitarbeiter kurz zu sprechen, um sich eindeutig zu identifizieren. Dazu nimmt Voiceprint im Hintergrund ein Vergleich mit einer zuvor abgegebenen Simmprobe vor. Der Kunde hat die Möglichkeit, auf den Einsatz dieser Technik zu verzichten.

Diese automatische Identifikation spare Zeit, vereinfache aber auch für die Kunden den Kontakt zum Kundendienst, sagte Pascal Jaggi, der Leiter des Kundendienstes bei der Swisscom-Schweiz, an einem Mediengespräch am Donnerstag in Zürich. So kann damit zum Beispiel eine Kundin bei einem Problem mit einer Rechnung auch von unterwegs und ohne die Rechnung bei sich zu haben, beim Kundendienst anrufen. Gemäss Jaggi arbeitet das System zuverlässig. In 90% gelinge die Identifikation.

ÜBER 400'000 EMAILANFRAGEN JÄHRLICH

Ein weitere Effizienzsteigerunsmassnahme der Swisscom ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Email-Verkehr. Die Swisscom hat zwar in den letzten Jahren die Politik verfolgt, den in der Verarbeitung aufwändigen Email-Verkehr mit der Kundschaft zu reduzieren. Dennoch gehen bei der Swisscom jeden Monat 30'000 bis 40'000 Email-Anfragen ein.

Um diese besser zu bewältigen setzt die Swisscom seit März 2017 das selbst entwickelte Computerprogramm Cosmos ein. Das System entscheidet einerseits, an welche interne Stelle die Anfrage weitergeleitet wird. Es kann andererseits aber auch einfache Anfragen selbst beantworten. Das ist bis jetzt in 3% der Email-Anfragen der Fall. Als Ziel hat sich Swisscom laut Jaggi eine Antwort-Rate von 15% gesetzt.

Das Programm ist wie Voiceprint lernfähig. Es wird vom Kundendienst gezielt trainiert und mit neuen Informationen gefüttert. Die Swisscom plant, Cosmos auch für den Email-Verkehr in französischer und italienischer Sprache einzusetzen.

CHAT-BOT ALS KUNDENBERATER

Ein drittes Projekt der Swisscom ist ein Service-System zu entwickeln, dass Kunden kanalübergreifend betreuen kann. Ob per Telefon, Mail, App oder Internetseite soll das System dem Kunden beim Lösen eines Problems helfen. Das System, das zurzeit noch in der Entwicklungsphase ist, soll als Chat-Bot funktionieren. Anstelle eines Beraters sollen Kunden damit künftig als Gegenüber ein Computer haben, der ihre Fragen beantwortet und ihre Probleme löst.

Die ersten Kundentests mit diesem Service-Bot sollen im nächsten Jahr durchgeführt werden. Geplant ist das System künftig auch bei der Produkteberatung einzusetzen.

Die Swisscom hofft, mit diesen drei Massnahmen neben der Verbesserung des Kundendienstes auch Kosten zu sparen. Das heisst laut Sprecherin Annina Merk jedoch nicht, dass Stellen im Kundendienst gestrichen werden. "Cosmos und der Service Bot sollen die Agenten bei ihrer Arbeit unterstützen und sie entlasten. Sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander", schreibt Merk auf Anfrage.

Ebenfalls kein Thema sei die Verlegung der Callcenter ins günstiger Ausland. Die Swisscom wolle diese Arbeitsplätze in der Schweiz halten, sagt Merk.

cf/