Zürich (awp) - Neues Szenario für den italienischen Telekommarkt: Die Swisscom-Tochter Fastweb und der französische Iliad-Konzern könnten im südeuropäischen Land im Mobilfunkbereich kooperieren. Laut den Analysten der Deutschen Bank wäre dies eine Win-Win-Situation.

Hintergrund ist der geplante Zusammenschluss der beiden Mobilfunkmarken "Wind" und "3 Italia", die im Besitz der beiden Unternehmen Vimpelcom und Hutchison Holdings sind. In den letzten Wochen waren Iliad und Fastweb in verschiedenen Medienberichten als mögliche Käufer von Mobilfunk-Aktiva der beiden Anbieter genannt worden, sofern ein solcher Verkauf wegen kartellrechtlicher Vorgaben nötig werde. Konkret geht es um Frequenzen und Antennen.

Am Dienstagabend hatte der Iliad-Konzern bekannt gegeben, er stehe für einen Markteintritt in Italien bereit. Am Tag zuvor war in Medienberichten von "exklusiven Verhandlungen" zwischen Iliad und Vimpelcom/Hutchison Holdings die Rede gewesen.

Von Swisscom hatte es zuletzt geheissen, dass Fastweb für alle Optionen offen sei, da sich der Markt im Umbruch befinde. Swisscom-CEO Urs Schaeppi hatte in der letzten Woche gegenüber der "Finanz und Wirtschaft" erklärt, dass er sich die Auflagen für den geplanten Zusammenschluss von "Wind" und "3 Italia" anschaue. Es sei jedoch zu früh für einen Entscheid. Heute ist Fastweb in Italien auf Breitband-Dienstleistungen fokussiert.

SWISSCOM NASE VORN

Die Experten der Deutschen Bank sehen Swisscom "mit einer Wahrscheinlichkeit von 55%" nach wie vor in der Favoritenrolle als mögliche Käuferin der Mobilfunk-Aktiva, wie einer Studie vom Dienstag zu entnehmen ist. Die Tochter Fastweb verfüge über eine Marke in Italien sowie Shops und Mitarbeiter, während Iliad ganz von vorne starten müsste, heisst es unter anderem zur Begründung.

Die Analysten könnten aber auch einer Lösung viel abgewinnen, an der Swisscom/Fastweb und Iliad beteiligt wären. Denn eine solche hätte gemäss der Studie Vorteile für beide Seiten.

So käme Iliad bei einer Bündelung der Kräfte in den Genuss eines der besten Breitband-Angebote auf dem italienischen Markt, das mit dem Mobilfunk kombiniert werden könnte. Ausserdem blieben Mittel frei, die für allfällige Marktveränderungen in Frankreich verwendet werden könnten.

VORTEIL AUF DEM HEIMMARKT

Swisscom auf der anderen Seite bekäme bei einer Kooperation in Italien keinen neuen gefährlichen Konkurrenten im Breitband-Bereich. Denn laut den Deutsche-Bank-Analysten würde Iliad nach dem Gewinn von Mobilfunkaktivitäten vermutlich auch Breitband-Leistungen einkaufen - wodurch ein neuer Konkurrent entstünde.

Enge Bande zu Iliad könnten laut den Experten auch auf dem Heimmarkt von Nutzen sein: Denn Iliad ist bekanntlich Besitzer des Schweizer Mobilfunkanbieters Salt und bekäme dadurch wohl etwas Beisshemmung. Ein Vorteil wäre ein Deal mit Iliad in Italien ausserdem, weil auf diese Weise die Finanzierung ohne IPO von Fastweb möglich sei und die Dividendenhöhe sicherer sei als bei einem alleinigen Vorgehen.

Sollte gleichwohl Iliad zum Zug kommen, halten es die Analysten für möglich, dass Swisscom über einen Verkauf von Fastweb nachdenkt.

An der Schweizer Börse notieren die Swisscom-Aktien (-0,8%) um 11 Uhr im Rahmen des Gesamtmarktes (SMI: -0,9%).

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