(Einstieg neu gefasst, Reaktion von Deutsche Wohnen ergänzt)

BERLIN (dpa-AFX) - Immobilienkonzerne geraten wegen des in Berlin geplanten Mietendeckels immer stärker unter Druck. Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher bekräftigte am Montag das Ziel des rot-rot-grünen Senats, den Anstieg der Wohnkosten zu stoppen. Am Sonntag waren Eckdaten für den Deckel aus dem Ressort Lompschers bekanntgeworden, wonach Wohnungen künftig nicht mehr als knapp acht Euro pro Quadratmeter kosten dürfen. Während Vonovia wegen einer möglichen Senkung der Mieten in Berlin bereits vor Mieteinbußen im kommenden Jahr warnt, hofft der Konkurrent Deutsche Wohnen auf ein Scheitern der Pläne. Die Aktien von Immobilienkonzernen gerieten zum Wochenstart unter Druck.

Vor allem bei den Papieren der auf Berlin fokussierten Deutsche Wohnen und Ado Properties hinterließ der Entwurf von Lompscher mit neuen Tiefstständen seit Ende 2016 und Mitte 2017 Spuren. Die Aktie der Deutschen Wohnen gab am frühen Nachmittag gut 4 Prozent nach, die Titel von Ado Properties sanken um 4,3 Prozent. Vonovia-Anteilsscheine verloren rund zwei Prozent an Wert.

Geht es nach dem "Vorbereitungstand für einen Referentenentwurf", der laut Lompscher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei, könnte in der Hauptstadt bald eine Obergrenze von maximal knapp acht Euro je Quadratmeter für nahezu alle Mietverhältnisse eingeführt werden, und zwar unabhängig von der Lage der Wohnung. Je nach Jahr des Erstbezugs und Ausstattung der Wohnung sind Kaltmieten von 3,42 bis 7,97 Euro möglich. Mieten, die über den Obergrenzen liegen, sollen die Bewohner über Anträge bei den Bezirksämtern absenken und zu viel gezahlte Beträge ab Antragstellung zurückfordern können.

Bei den Plänen handelt es sich denn auch um eine Mietkürzung statt eine Bremse, sagte Thomas Rothaeusler, Analyst bei der Investmentbank Jefferies. Die recht niedrig angesetzte Obergrenze werde das Mietniveau in Berlin auf breiter Basis senken. Rothaeusler hält den Gesetzentwurf für unverhältnismäßig und nicht verfassungsgemäß. Die Wohnungswirtschaft reagierte mit ähnlicher Kritik.

Eine Mietobergrenze würde die Einnahmen in Berlin im kommenden Jahr um 20 bis 25 Millionen Euro reduzieren, teilte Vonovia am Montag in Bochum mit. Das wären 10 Prozent der Mieteinnahmen in Berlin und rund ein Prozent der Gesamtmieten von Vonovia. Welche Auswirkung sich auf den Wert des Immobilienbestands ergeben könnten, könne das Unternehmen noch nicht beziffern. Für 2019 bestätigte der Dax-Konzern seine Jahresziele.

Die Deutsche Wohnen hofft auf Beistand durch die Rechtsprechung. "Dieser Entwurf zu einem Berliner Mietendeckel ist ein Frontalangriff auf den Rechtsstaat und den Zusammenhalt in der Stadt", sagte die Leiterin der Unternehmenskommunikation, Manuela Damianakis, auf Anfrage. Deutsche Wohnen begrüße es, dass die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus mit einer so genannten Normenkontrollklage gegen dieses geplante Gesetz vorgehen will.

Vor dem Hintergrund eines immer angespannteren Wohnungsmarktes hatte sich der rot-rot-grüne Berliner Senat schon Mitte Juni grundsätzlich darauf verständigt, die zuletzt vielfach stark gestiegenen Mieten für fünf Jahre auf dem jetzigen Stand einzufrieren. Die Mieter von 1,6 Millionen Wohnungen brauchten eine "Atempause", hieß es zu dem bundesweit einmaligen Vorstoß. Sorgte schon diese Ankündigung für Aufregung in Deutschland und einen Kursrutsch bei Wohnungskonzernen an der Börse, könnten die Debatten jetzt noch heftiger werden.

Die Wohnungswirtschaft zeigte sich bezüglich der jüngsten Pläne entsetzt. Die IHK nennt die Vorschläge unverhältnismäßig: "Wirtschaftlich wäre es für Berlin eine Katastrophe". Aus Sicht von Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, würde ein so gestalteter Mietendeckel "völlig über das Ziel hinaus schießen und damit vor allem diejenigen treffen, die dauerhaft und verantwortlich in den Wohnungsmarkt investieren".

Schon länger warnen Verbände, Genossenschaften und Kleinvermieter davor, dass ein Mietendeckel zum Stillstand bei Investitionen und Modernisierungen führe. Jetzt könnte es für sie noch dicker kommen: Denn die nun angesetzten Obergrenzen sind niedriger als von vielen erwartet. Selbst der Mieterverein erachtet bei seinem Modell für einen Mietendeckel höhere Summen bis zu knapp 10 Euro plus Modernisierungsaufschläge als realistisch.

Auch Vonovia warnte erneut: Eine Mietobergrenze werde das Wohnungsproblem noch verschärfen, da dann weniger in den Bau neuer Wohnungen investiert werde. Sollte der Gesetzentwurf so kommen, dann könnte ein großer Teil der von Vonovia für Berlin geplanten Investitionen in andere Standorte umgeleitet werden, sagte ein Sprecher. Geplant sei, die Wohnungen, die sich im Bau befinden, fertigzustellen. "Über neue Projekte müssten wir gesondert diskutieren", ergänzte er. Nur etwa jede zehnte der knapp 400 000 Wohnungen von Vonovia befinden sich in der Hauptstadt.

Seit Jahren verdienen die großen Wohnungsvermieter dank der anziehenden Mieten in den Großstädten glänzend. Dabei profitieren sie vor allem von modernisierten Wohnungen. In der Regel können sie die Mieten anschließend auch stärker erhöhen. Wegen der Wohnungsnot setzen einige Konzerne neben Modernisierung verstärkt auch auf Neubau und Aufstockung bestehender Gebäude./mne/mis/fba