(neu: Schlusskurse)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein schwacher Gewinnausblick hat der zuletzt ohnehin nur zögerlichen Erholung der Thyssenkrupp-Aktien vom Viruscrash ein Bein gestellt. Daran konnten am Dienstag auch mehr oder weniger im Rahmen der Markterwartungen ausgefallene Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal nichts ändern.

Die Papiere des stark angeschlagenen Industrie- und Stahlkonzerns sackten um 15,3 Prozent auf 4,11 Euro ab und waren damit das klare Schlusslicht im etwas leichteren Index der mittelgroßen Werte MDax. Sie erreichten den tiefsten Stand seit ungefähr sieben Wochen.

Thyssenkrupp versank im vergangenen Quartal noch tiefer in roten Zahlen. Die negativen Folgen der Corona-Pandemie belasteten vor allem das Automobil- sowie das Stahlgeschäft. Dazu machten sich Kosten für die Neuausrichtung des Konzerns bemerkbar.

Besserung ist derweil nicht in Sicht. Im Gegenteil: Der Umsatz im fortgeführten Geschäft dürfte deutlich zurückgehen. Das bereinigte operative Ergebnis wird ohne das zum Verkauf stehende Aufzuggeschäft "stark negativ erwartet". Im dritten Geschäftsquartal ist Thyssenkrupp zufolge ein Verlust im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich "wahrscheinlich" und "bis zu gut 1 Milliarde Euro nicht auszuschließen".

Analysten äußerten sich entsprechend negativ: "Für das dritte Geschäftsquartal wird ein deutlich höherer Verlust in Aussicht gestellt als von uns erwartet", schrieb Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank. Schlamp betonte, dass mit einer sehr schwachen Gewinnentwicklung unter anderem in den Bereichen Auto, Stahl, Prozesstechnologie und Materialien gerechnet werde. Die Experten der britischen Investmentbank Barclays betonten, dass die Markterwartungen nun deutlich nach unten korrigiert werden dürften.

Auch Analyst Christian Obst von der Baader Bank zog ein ernüchterndes Fazit, wenngleich er die Aktien weiter zum Kauf empfahl. Die Bilanz des Konzerns habe sich weiter verschlechtert. Die gestiegene Nettoverschuldung und das weiter gesunkene Eigenkapital verdeutlichten die Bedeutung des angepeilten milliardenschweren Verkaufs des Aufzuggeschäfts.

Der finanzielle Spielraum aber, den sich Thyssenkrupp durch die Veräußerung des Sparte an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven erhofft hat und auch dringend benötigt, wird laut Konzernchefin Martina Merz wegen der Corona-Pandemie "deutlich" eingeschränkt. Der Deal soll bis Ende des Geschäftsjahres 2019/20 (per Ende September) abgeschlossen werden, dabei hat das Unternehmen inzwischen acht kartellrechtliche Freigaben ohne Auflagen erhalten. Um die Zeit bis zum Abschluss zu überbrücken, hat sich das finanzschwache Unternehmen einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW sowie weiterer Banken gesichert.

Dass Thyssenkrupp wegen der Corona-Krise von den Milliarden aus dem Verkauf der Aufzugsparte wohl weniger als geplant in den Konzernumbau stecken kann, war schon Anfang letzter Woche nach einem "Handelsblatt"-Bericht durchgesickert. Die Nachricht stoppte bereits die zaghafte Erholung der Aktien von dem Tief des Corona-Crashs Mitte März bei gut 3 Euro.

Seit der Eskalation der Virus-Krise am Rosenmontag (24. Februar) haben die Thyssenkrupp-Papiere insgesamt mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt. Der MDax hingegen hat in diesem Zeitraum lediglich 14,6 Prozent verloren./la/ag/fba/he