(neu: Bestätigung des Konzerns, mehr Details, Kurs aktualisiert.)

ESSEN (dpa-AFX) - Der kriselnde Industriekonzern Thyssenkrupp zieht auch einen Komplettverkauf der Aufzugssparte in Erwägung. Das Unternehmen habe "einen strukturierten Prozess für die Bewertung von Angeboten von strategischen Investoren und Finanzinvestoren eingeleitet", teilte eine Sprecherin am Mittwoch mit. Das "Handelsblatt" hatte zuvor unter Berufung auf Branchenkreise berichtet, das Management um Vorstandschef Guido Kerkhoff habe in den vergangenen Tagen Briefe an potenzielle Interessenten geschrieben, in denen diese zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert worden seien. Ein konkretes Angebot liege dem Vernehmen nach bislang nicht auf dem Tisch.

Mit dem Schritt ändert Thyssenkrupp seine Pläne für den profitablen Geschäftsbereich deutlich, die Sparte gilt als Ertragsperle und wird deutlich höher bewertet als der Gesamtkonzern. Bisher war ein Teilbörsengang geplant. Die Aktien von Thyssenkrupp bauten ihre Gewinne zunächst deutlich aus, kam dann aber wieder etwas zurück auf ein Plus von zuletzt 3,11 Prozent - auch weil es zuvor schon Spekulationen über einen Verkauf gegeben hatte.

Der Börsengang der Aufzugssparte werde weiter vorbereitet, hieß es bei Thyssenkrupp. Mit der Prüfung von Kaufangeboten wolle man sicherstellen, dass die Entscheidung über Börsengang oder Verkauf für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und Kunden "nachhaltig und die beste ist". Interesse an einem Kauf der Aufzugssparte haben laut Kerkhoff eine Reihe von Investoren signalisiert. Auch der finnische Aufzugbauer Kone soll Medienberichten zufolge seine Fühler ausgestreckt haben.

Bereits im August hatte das "Manager Magazin" berichtet, dass die Aufzugsparte auf großes Interesse von Finanzinvestoren stoße. Für Private-Equity-Gesellschaften sei der Fall eine einmalige Gelegenheit, zitierte das Magazin namentlich nicht genannte Investmentbanker. Es sei "längst klar", dass Finanzinvestoren dem Konzernchef Guido Kerkhoff ein Angebot unterbreiten würden, das er "vielleicht nachverhandeln, aber nicht ablehnen" könne.

Ein Börsengang oder Verkauf des lukrativen Aufzugsgeschäfts ist Teil des groß angelegten Umbau des Dax-Konzerns, der schon länger unter der Krise der Stahlbranche leidet. Den neuen Kernbereich soll das Werkstoffgeschäft gemeinsam mit der Stahlproduktion bilden, die ursprünglich durch eine Fusion mit Tata Steel Europa vom Hof gebracht werden sollte. Das Vorhaben war aber am Veto der Wettbewerbshüter gescheitert.

Zuletzt hatte es Spekulationen über eine Stärkung des Werkstoffgeschäfts durch eine Übernahme des Stahlhändlers Klöckner & Co gegeben. Auch der Stahlkocher Salzgitter wurde als mögliches Ziel genannt. Mit einem solchen Schritt würde Thyssenkrupp die Konsolidierung des Stahlmarktes vorantreiben, der weltweit unter einer geringen Nachfrage, Überkapazitäten und niedrigen Preisen leidet. Konzernchef Kerkhoff hatte in der Vergangenheit mehrfach die Wichtigkeit einer Konsolidierung in der Industrie betont.

Der starke Kursverfall im Sog der Stahlmarktschwäche dürfte Thyssenkrupp nun auch den Platz im deutschen Leitindex Dax gekostet haben. Die Entscheidung, die so von Index-Experten erwartet wird, wird auf Basis der Schlusskurse von Ende August getroffen und soll an diesem Mittwochabend mitgeteilt werden. Aller Voraussicht nach wird der Triebwerkshersteller MTU in den Dax nachrücken, aber auch der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen wurde als Außenseiter genannt./mis/hff/men