Im Streit über den Abbau tausender Stellen beim angeschlagenen Lkw-Bauer MAN will das neue Management in einigen Wochen auf die Arbeitnehmer zugehen.

Matthias Gründler, der seit Mitte Juli den Mutterkonzern Traton führt, machte am Freitag deutlich, dass er nach seiner Einarbeitung auch auf die Forderung des Betriebsrats nach einem Gesamtkonzept für die Zukunft von MAN eingehen will. "Wir werden ein komplettes Paket umfangreich aufstellen. Wir werden es dann nach der Sommerpause mit der Arbeitnehmerseite diskutieren", sagte Gründler bei der Vorlage der Halbjahreszahlen.

Die wochenlangen Produktionsunterbrechungen in der Coronakrise und Investitionsstopps von Speditionen und Busunternehmen verschärften die Probleme von MAN im ersten Halbjahr. Das deutsche Unternehmen riss die gesamte Traton-Gruppe in die roten Zahlen, zu der auch die Schwestermarken Scania in Schweden und Volkswagen Caminhoes e Onibus in Brasilien gehören. Nach einem Betriebsgewinn von 253 Millionen Euro vor Jahresfrist schrieb MAN nun 387 Millionen Euro Verlust. Damit schloss die Traton-Gruppe das Halbjahr mit einem Fehlbetrag von 220 Millionen Euro ab. Nach dem Börsengang vor einem Jahr hatte sie noch einen Milliardengewinn erwirtschaftet.

Der Volkswagen-Konzern, der mit rund 90 Prozent der Anteile noch immer Hauptaktionär von Traton ist, hatte sich vor zwei Wochen überraschend von Traton-Chef Andreas Renschler und MAN-Chef Joachim Drees getrennt. Dem vorausgegangen war eine Eskalation des Streits darüber, wie MAN wieder in die Spur gebracht und der verschachtelte Traton-Konzern effizienter aufgestellt werden soll. Während die Coronakrise die im vergangenen Jahr begonnene Talfahrt der Nutzfahrzeugmärkte beschleunigte, verschlingen Investitionen in Digitalisierung und Elektrofahrzeuge viel Geld.

Bei MAN befürchtet der Betriebsrat einen Abbau von 6000 der rund 36.000 Stellen. Er fordert vom Management ein sozialverträgliches Zukunftspaket. Selbst die Schwester Scania, die traditionell proftiabler ist als MAN und auch im abgelaufenen Halbjahr schwarze Zahlen schrieb, stellt nach Angaben ihres Managements 5000 ihrer 51.000 Stellen auf den Prüfstand. Scania wies einen operativen Halbjahresgewinn von 221 Millionen Euro aus. Die Südamerika-Tochter von Traton schrieb zehn Millionen Euro Verlust. Der Konzernabsatz brach im ersten Halbjahr um 37 Prozent auf 77.700 Lastwagen und Busse ein.

Auch im Gesamtjahr erwartet Traton einen "drastischen Absatzrückgang", so dass ein operativer Verlust nicht ausgeschlossen werden könne. Allerdings erwartet Gründler, dass sich die im Mai begonnene Erholung des Geschäfts auch im weiteren Jahresverlauf fortsetzt. Die Analysten der NordLB erklärten deshalb, sie rechneten infolge deutlich besserer Geschäfte im zweiten Halbjahr auf Jahressicht mit schwarzen Zahlen.