Reisen dürfe nicht wieder zum Luxusgut für die Elite werden, sagte der Präsident des Branchenverbands BTW, Michael Frenzel, am Montag beim Tourismusgipfel in Berlin. Die Reisefreiheit und "Demokratisierung des Reisens" sei eine große Errungenschaft. Frenzel räumte ein, dass die Branche zwar zur Erderwärmung beitrage. Es sei aber im eigenen ökonomischen Interesse der Unternehmen, umzusteuern und gegen den Klimawandel vorzugehen. "Wir stecken in einem Dilemma, weil wir Opfer und Täter gleichermaßen sind." Der ehemalige TUI-Chef betonte: "Es gibt Entwicklungen, die uns existenziell treffen könnten."

Nötig sei ein klares politisches Ziel, "Klimaschutz und Freiheit unter einen Hut zu bringen". Verzicht, Verbote und Verteuerung seien allerdings ein Irrweg, warnte der Lobbyist Frenzel. Es müsse mehr Investitionen in CO2-ärmere und -neutrale Produkte geben. Auch der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß, plädierte für freies reisen. "Reisen darf nicht nur ein Privileg der Reichen sein." Die Herausforderungen des Klimawandels müsse man entschlossen und glaubwürdig angehen. Aber Bezahlbarkeit müsse auch einen Rolle spielen.

FORSCHER: "NACHHALTIGKEIT IST LUXUS, UND LUXUS IST EXKLUSIV"

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hingegen sieht höhere Preise geboten beim Engagement des Tourismus für mehr Umweltschutz. Ein Lösungsansatz sei, den Ansturm auf völlig überlaufene Reiseziele zu begrenzen. "Der Billigmassentourismus, wie wir ihn heute kennen, wird in dieser Form keine Zukunft haben", sagte Schellnhuber im Reuters-Interview. Die Unternehmen seien besonders gefordert. Denn Reisen trage zur Erderwärmung bei - etwa durch das Fliegen, die Kreuzschifffahrt oder auch den individualen Autoverkehr. "Der Tourismus muss Teil der klimaneutralen Mobilität werden, möglichst sogar Vorreiter", betonte der Experte, der von 1991 bis 2018 das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) leitete. [nL8N27K33B]

Im Kern gehe es laut Schellnhuber um eine entscheidende Frage: "Kann nachhaltiger Tourismus massenfähig werden?" Für den deutschen Markt seien nur rund ein Prozent der Angebote nachhaltig. "Nachhaltigkeit ist Luxus, und Luxus ist exklusiv." In der Kritik steht dabei oft die Pauschalreise. Nach der Insolvenz des Veranstalters Thomas Cook kam die Frage auf, ob diese Art des Tourismus noch eine Zukunft hat. Der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig, brach eine Lanze für die Pauschalreise. Sie sei vor allem in puncto Sicherheit für den Kunden wichtig. Der Chef von Deutschlands größter Reisebürokooperation rtk, Thomas Bösl, sagte jedoch: "Die Pauschalreise ist nicht tot, aber sie hat eine kleine Delle bekommen." Kunde, Markt und Vertrieb forderten nun eine rasche Debatte, wie es mit der Pauschalreise weitergehen solle.