Zürich (awp/sda) - Vom Seidenfoulard bis zur Thailand-Reise: Eine ehemalige Sekretärin der UBS-Spitze nutzte ihre Firmenkreditkarte ausgiebig für private Zwecke. Über eine Million Franken gab sie so aus. Das Zürcher Obergericht hat sie am Donnerstag trotzdem freigesprochen, denn bei der UBS versagte die Kontrolle.

Die Richter kamen zum Schluss, dass die 56-Jährige ihre Vorgesetzten nicht getäuscht hat. Die privaten Einkäufe seien auf den Abrechnungen schliesslich immer offen ersichtlich gewesen.

Die Vorgesetzten hätten diese Abrechnungen entweder nicht richtig geprüft oder beide Augen zugedrückt. Auf Seiten der UBS habe es somit "elementare Pflichtverletzungen" gegeben. Die Frau muss allerdings einen Teil der Gerichtskosten tragen, weil sie mit ihrem Verhalten das Strafverfahren auslöste.

Auch die Vorinstanz, das Bezirksgericht Zürich, hatte die Frau freigesprochen - mit der gleichen Begründung. Für den Staatsanwalt ist dies eine herbe Niederlage. Er wollte die UBS-Sekretärin wegen Veruntreuung verurteilt sehen und forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Ob er das Urteil ans Bundesgericht weiterzieht, ist offen.

Über 800 Einkäufe mit der Firmenkarte

Seine Anklageschrift listete über 800 Fälle auf, in denen die Frau ihre Firmenkreditkarte für private Zwecke verwendete. An einem Tag gönnte sie sich eine Handtasche für 1420 Franken, wenige Tage später Schmuck im Wert von 8000 Franken.

Auch Ferien in Thailand und auf Sylt zahlte sie mit UBS-Geld. Selbst beim Zahnarzt und in der Schönheitsklinik zückte sie die Firmenkreditkarte. Im Zeitraum von 2003 bis 2010 gab die Frau so über eine Million Franken aus.

Vor Gericht landete sie nur deshalb, weil ihre Vorgesetzten, darunter das ehemalige Konzernleitungsmitglied Raoul Weil, im Zuge des US-Steuerstreits freigestellt wurden. Ihre neue Vorgesetzte schaute besser hin und zeigte die langjährige Assistentin an.

Ein Klima der Selbstbedienung

Bereuen tut sie ihren Konsum auf UBS-Kosten nicht. Sie habe ja nichts Unrechtes getan. "Das haben doch alle so gemacht", sagte sie am Donnerstag vor Gericht. Es habe ein Klima der Selbstbedienung geherrscht. Ihre Ausgaben seien immer "durchgewunken" worden.

Der Staatsanwalt war ein Stück weit gleicher Meinung wie sie: "Die Starbanker sahen es als unter ihrer Würde an, Spesenabrechnungen zu kontrollieren. Sie haben einfach blind unterschrieben." Aus diesem Versäumnis der Vorgesetzten eine "Erlaubnis" zur Selbstbedienung abzuleiten, sei aber schlicht realitätsfremd.

Die privaten Bezüge seien deswegen noch lange nicht rechtmässig gewesen. "Wenn es alle tun, darf ich auch", gelte im Strafrecht nicht, argumentierte der Ankläger vergeblich.

UBS fordert 1,4 Millionen zurück

Der Freispruch ist auch eine Niederlage für die UBS. Die Bank forderte von ihrer ehemaligen Mitarbeiterin 1,4 Millionen Franken zurück. Die Forderung umfasst die eine Million, welche die Sekretärin über die Jahre verprasste, zuzüglich 400'000 Franken Zins seit 2010.

Diese Forderung verwies das Obergericht nun auf den Zivilweg. Auf das Geld wird die Bank ohnehin lange warten müssen. Die einstige Chefsekretärin lebt heute als Hausfrau in Grossbritannien. Sie kann ab und zu im Golfclub ihres Mannes aushelfen und verdient mit Hundesitting 30 Pfund pro Woche.

Einen neuen Job hat sie seit ihrem Rausschmiss bei der UBS nicht gefunden. "Es scheitert spätestens dann, wenn die Arbeitgeber Referenzen einholen."