BAGDAD (dpa-AFX) - Das irakische Parlament hat das Rücktrittsgesuch von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi angenommen. Das Parlament werde Präsident Barham Salih bitten, einen Nachfolger zu bestimmen, berichtete das irakische Staatsfernsehen am Sonntag unter Berufung auf Parlamentssprecher Mohammed al-Halbusi.

Der schiitische Politiker hatte am Freitag nach wochenlangen Massenprotesten seinen Rücktritt angekündigt und damit eine zentrale Forderung der Demonstranten erfüllt. Abdel Mahdi hatte sein Amt erst im Oktober 2018 angetreten. Nach seiner Aussage soll das Kabinett die Amtsgeschäfte weiterführen, bis ein Nachfolger bestimmt ist.

Der irakischen Verfassung zufolge muss der stärkste Block im Parlament zunächst einen Kandidaten wählen. Diesen müsste Präsident Salih dann damit beauftragten, innerhalb eines Monats eine neue Regierung zu bilden.

Die meisten Abgeordneten in der 329 Sitze zählenden Versammlung stellt das Bündnis des einflussreichen schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr. Sein Block war bei der Parlamentswahl im Mai 2018 als stärkste Kraft hervorgegangen. Das Bündnis erklärte der irakischen Nachrichtenseite Alsumaria zufolge aber, dieses Recht aufgegeben zu haben. Ziel des Schrittes ist, auf eine Regierung aus Technokraten hinzuwirken und damit eine Forderung der Demonstranten zu erfüllen.

Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003 wird die Macht nach einem Proporzsystem zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden verteilt. Viele Politiker sehen in dem System die Ursache für ausufernde Korruption und die mangelnde Kompetenz staatlicher Behörden.

Im Irak kommt es seit Anfang Oktober in mehreren Teilen des Landes zu Massenprotesten gegen die politische Führung. Dabei kamen der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission zufolge mindestens 380 Menschen ums Leben. Menschenrechtsgruppen werfen den Behörden vor, mit übermäßiger Gewalt gegen die Protestler vorgegangen zu sein.

Die oberste Justizbehörde des Landes, der Hohe Justizrat, verkündete am Sonntag einen Haftbefehl gegen einen Militärchef. General Dschamil al-Schammari hatte dem Justizrat zufolge das tödliche Durchgreifen gegen Demonstranten in der südirakischen Provinz Thi Kar angeordnet. Dort waren bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften diese Woche mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen. Al-Schammari, der dort nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur INA für die Sicherheit verantwortlich war, wurde am Donnerstag von seinem Posten entfernt. Zudem wurde ein Reiseverbot gegen ihn verhängt.

Auch in der heiligen Stadt Nadschaf südlich von Bagdad standen sich am Sonntag Augenzeugen zufolge Sicherheitskräfte und Demonstranten gegenüber. Dutzende forderten dort demnach die Freilassung mehrerer Demonstranten, die in einer Heiligenstätte festgehalten werden sollen./jot/DP/he