BERLIN (dpa-AFX) - Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gibt am Montag (10.00 Uhr) in Berlin den offiziellen Startschuss für den "Grünen Knopf". Das neue staatliche Siegel wird dann an die ersten Bekleidungsfirmen vergeben, die ihre Textilien unter strengen sozialen und ökologischen Standards herstellen lassen. Sie verpflichten sich etwa, dass bei der Produktion Mindestlöhne gezahlt werden, Kinderarbeit ausgeschlossen ist und bestimmte Gesundheits- und Sicherheitsstandards eingehalten werden.

Hintergrund ist der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch, bei dem vor sechs Jahren mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen waren. Müller hatte das Unglück als Weckruf für Wirtschaft und Politik gewertet, sich stärker für sichere und faire Arbeitsbedingungen in der Textilwirtschaft einzusetzen. "Alle haben gesagt, man kann keine komplette Lieferkette bis in den Laden durchzertifizieren. Wir beweisen jetzt am Beispiel von Textilien: Es geht eben doch", sagte Müller zuletzt der "Augsburger Allgemeinen". Deutschland könne es sich nicht leisten, die Bedingungen in Billiglohnländern auszublenden. Er betonte zugleich, für Kunden im Laden werde es nicht teurer.

Sein Projekt ist allerdings umstritten. Die deutsche Textilbranche hält den "Grünen Knopf" für überflüssig und die Kriterien für kaum kontrollierbar. Die Präsidentin des Gesamtverbandes textil+mode, Ingeborg Neumann, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND/Montag): "Wir haben bereits zahlreiche Qualitätssiegel, die auch international anerkannt sind. Ein zusätzliches nationales Siegel macht deshalb keinen Sinn." Es werde zu mehr Siegelunklarheit und nicht zu mehr Siegelklarheit führen.

Anderen geht das Vorhaben nicht weit genug. Uwe Wötzel vom internationalen Netzwerk "Kampagne für Saubere Kleidung" sagte dem RND: "Die Kriterien sind deutlich zu schwach, die Überwachung unzureichend und die Ausnahmen zu umfangreich." Eines der Hauptprobleme sei, dass in den Kriterien nur die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes verankert sei. "Doch der ist in der Regel so niedrig, dass niemand davon leben kann." Kritisiert wird unter anderem auch, dass in der Startphase nur die Arbeitsbedingungen beim Nähen, Färben und Bleichen in den Blick genommen werden, nicht aber beim Weben, Spinnen und der Rohstoffproduktion.

Wer den "Grünen Knopf" für sein Textilprodukt haben will, muss 26 soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Die ökologischen Standards umfassen etwa das Verbot von Weichmachern und anderen Chemikalien sowie Grenzwerte für Abwässer, die bei der Produktion anfallen. Die Herstellerfirmen müssen nachweisen, dass sie menschenrechtliche, soziale und ökologische Verantwortung übernehmen./wn/seb/DP/zb