FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Euphorie der Bitcoin-Anlegern ist wieder da. Am Wochenende knackte die Digitalwährung erstmals seit März 2018 wieder die Marke von 11 000 US-Dollar. Zuletzt wurde der Bitcoin-Kurs von der Ankündigung einer neuen Digitalwährung beflügelt: Facebook will mit seinem Digitalgeld Libra bald den Markt der Bezahldienstleister aufmischen.

WAS MACHT DER KURS?

Zu Jahresbeginn dümpelte der Kurs noch bei etwa 4000 Dollar vor sich hin. Anfang April brach er das erste Mal über 5000 Dollar aus. Im Mai nahm der Aufwärtstrend dann richtig Fahrt auf: Innerhalb des Monates knackte der Bitcoin die 6000, 7000, 8000 und 9000 Dollar-Marken.

Danach erhielt er im Juni zunächst einen kleine Dämpfer unter die 8000 Dollar, war damit aber noch doppelt so viel Wert wie zu Jahresstart. Mit der Libra-Ankündigung von Facebook zog der Kurs kräftig an. Mitte Juni kletterte er über die 9000 Dollar, gefolgt von der 10 000 Dollar-Marke, bis hin zu den jüngsten Höchstständen über 11 000 Dollar. Am Dienstag notierte er erneut über diesem Wert.

Damit nähert sich der Kurs der Digitalwährung wieder den Hochs von Anfang 2018. Das Rekordhoch von rund 20 000 Dollar Ende 2017 ist jedoch noch ein gutes Stück entfernt.

WAS SIND DIE GRÜNDE FÜR DIE JÜNGSTEN KURSBEWEGUNGEN?

Grundsätzlich unterliegt der Bitcoin hohen Kursschwankungen. Für die jüngste Kursrallye machen Analysten vor allem Facebooks Ankündigung einer eigenen Digitalwährung namens Libra aus. Das Digitalgeld basiert zwar ähnlich wie Bitcoin auf der Blockchain-Technologie, soll aber ohne Kursschwankungen auskommen. Denn es ist geplant, die Libra durch Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen zu decken. Der Kurs soll damit stabil gehalten werden. Anders als der Bitcoin soll Libra nicht dezentral erstellt, sondern zentral verwaltet werden.

Zunächst ist Libra vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen gedacht. Damit würde die Ditigalwährung eher Paypal oder Western Union Konkurrenz machen als dem Bitcoin. Ziel sei aber, Libra zu einem vollwertigen Zahlungsmittel auszubauen. Um das Digitalgeld zu verwalten, hat Facebook bereits eine Allianz mit Finanzdienstleistern wie Paypal, sowie Visa und Mastercard geschlossen, aber auch Vodafone, Ebay und Spotify sind mit von der Partie.

Für Aufwind sorgt zudem die zunehmende Beliebtheit der Digitalwährungen. Die dahinter stehende Blockchain-Technologie will etwa auch die US-Großbank JPMorgan für sich nutzen. So soll eine eigens geschaffene Kryptotechnik für Zahlungen zwischen Geschäftskunden verwendet werden. Die interne Rechnungseinheit wird als "JPM Coin" bezeichnet.

Hoffnungsvoll stimmt die Szene außerdem seit langem eine mögliche Zulassung von börsengehandelten Fonds (ETFs) auf Bitcoins. Die Erwartung nährte immer wieder den Kurs, denn mit einer ETF-Zulassung würde den Anlegern mehr Sicherheit versprochen. Jedoch hat die amerikanische Börsenaufsicht SEC sich noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen und sie auf unbestimmte Zeit verschoben.

Staatliche Regulierungen oder auch nur deren Ankündigung haben den Bitcoin hingegen immer wieder belastet. So bleibt abzuwarten, wie Wettbewerbshüter den Vorstoß Facebooks in die Finanzwelt betrachten. Wegen ihrer umfassenden Marktposition stehen Digitalkonzerne unter Beobachtung. Notenbanken wie die Bank of England oder auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatten die Pläne Facebooks kritisiert und vor den Risiken der Cyberdevisen gewarnt.

Zu den weiteren Kritikpunkten an der Digitalwährung zählt ihr hoher Energieverbrauch. Für die Herstellung von Bitcoin sind komplexe Rechenprozesse notwendig. Wissenschaftler der Technischen Universität München hatten den Verbrauch der für die Generierung von Bitcoins nötigen Energie jüngst berechnet. Mit dem Stand November 2018 verbrauchten Rechner, die Bitcoins erstellen, etwa 45,8 Billionen Wattstunden pro Jahr, wie die Forscher rund um Christian Stoll in der Fachzeitschrift "Joule" schrieben. Dies führt der Studie zufolge zu einem jährlichen Ausstoß von 22 bis 22,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2). Damit liege der Ausstoß zwischen dem der Länder Jordanien und Sri Lanka.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

"Der Bitcoin ist - für seine Verhältnisse - in den vergangenen Monaten langsam gestiegen, aber die Einführung von Facebooks Libra war ein klarer Katalysator für den kürzlichen Anstieg", schrieben die Analysten der Devisen-Plattform Oanda. Die Aufmerksamkeit, die der geplante Start der Kryptowährung bekommen habe, habe die Fangemeinde begeistert.

Die Unterschiede zwischen dem von Facebook geplanten Digitalgeld und dem Bitcoin sind Marktbeobachtern zufolge aber groß. Die Analysten der BayernLB etwa sind der Ansicht, dass Libra im Grunde keine neue Kryptowährung ist, sondern einem Zahlungssystem wie Paypal näher kommt.

Bitcoin-Analyst Timo Emden zufolge beweise das Projekt des Tech-Giganten, dass Kryptowährungen als alternatives Zahlungs- und Tauschmittel ernst genommen werden. Bitcoin rücke nun zusehends in den Fokus institutioneller Anleger, die angesichts des erheblichen Zukunftspotentials langfristige Investmentziele verfolgen könnten./elm/jsl/bgf/mis